Der böse Expressionismus. Trauma und Tabu
11.11.2017–11.03.2018
Kunsthalle Bielefeld
Die mutige und kompromisslose Haltung der frühen Expressionisten, die antibürgerliche Wucht ihrer Werke sind beim Betrachten der farbenfrohen Landschaftsidyllen in den Hintergrund gerückt. Einst skandalträchtige Außenseiter, sind die Expressionisten heute gesellschaftsfähig, ihre Bilder Millionen wert; als Zeugnisse pittoresker Bohème werden sie verharmlost. Die Brisanz der Bilder droht im Wohlgefallen zu verblassen. Die Kunsthalle Bielefeld tritt dieser Entwicklung entgegen und lässt mit ihrer Ausstellung „Der böse Expressionismus. Trauma und Tabu“ die einstige Rebellion gegen alles Bürgerliche, den so bezeichneten „bösen“ Expressionismus wieder aufleuchten. Von der unkonventionellen Verbindung von Leben und Kunst der „Brücke“ bis zum stärker politisch akzentuierten Nachkriegsexpressionismus gewichtet die Ausstellung die antibürgerliche, nonkonformistische Seite des Expressionismus besonders. In einer Zeit größter Herausforderungen geprägt von Industrialisierung, proletarischem Massenelend und ausufernden Großstädten hat sich die an feudalen und militaristischen Idealen orientierte Gesellschaftsordnung des wilhelminischen Kaiserreiches als rückständig und überfordert offenbart. Sie kollabierte mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914. Die Künstlerinnen und Künstler erlebten Bürgerlichkeit als Trauma und probten den Aufstand gegen rigide Normen. Sie brachen Tabus und beendeten Prüderie und Triebverzicht. Sie lebten, frei nach Nietzsche, auf der Suche nach einem selbstbestimmten Dasein. Die Impulse, die vom Expressionismus ausgingen sind auch heute relevant. Mit Werken von Beckmann, Dix, Felixmüller, Kirchner, Kokoschka, Modersohn-Becker, Nolde, Pechstein und vielen weiteren Künstlerinnen und Künstlern, wird die Intention dieser Zeiterscheinung beleuchtet: Internationalität, Individualität, gesellschaftliches Miteinander und Toleranz stehen auch ein Jahrhundert später, und gerade heute, wieder zur Diskussion.