Otto Marseus van Schrieck und die Wissenschaft im 17. Jahrhundert
07.07.2017–15.10.2017
Galerie Alte & Neue Meister Schwerin
Das Staatliche Museum Schwerin mit seiner umfangreichen Sammlung niederländischer Malerei des 16. Bis 18. Jahrhunderts verfolgt seit Langem eine breit angelegte Ausstellungspolitik, die neben der Erschließung der eigenen Bestände auch die Kooperation mit Partnermuseen in den Niederlanden sucht. Auch bei der aktuellen Ausstellung ist dies der Fall: Die enigmatischen Waldbodenstillleben des Amsterdamer Malers Otto Marseus van Schrieck werfen Fragen auf nach dem Verhältnis von Kunst und Naturwissenschaft im 17. Jahrhundert. Van Schrieck erlebte in Florenz 1657 die Gründung der Accademia del Cimento (die auf Galileo Galilei zurückging), die sich unter der Schirmherrschaft des Mediceischen Großherzogs vor allem dem Experiment und der Untersuchung des Kosmos mit den neuen technischen Möglichkeiten von Mikroskop und Teleskop etc. verschrieben hatte. Der Maler war in England, Frankreich und Italien gereist, er war mit bedeutenden Gelehrten bekannt geworden. An seinem Werk ist der damals stattfindende Paradigmenwechsel von der Buchgelehrsamkeit hin zur empirischen Wissenschaft ablesbar. Stets ist sein Blick auf das Tatsächliche gerichtet.
Akribische Studien nach lebenden und präparierten Tieren und Pflanzen bereiten die Werke vor. Die eigene Zucht von Reptilien und anderen Tieren bietet die Möglichkeiten gründlicher Beobachtung. Die resultierenden Werke bilden faktisch die Illustrationen zu den Forschungen von Männern wie Ulisse Aldrovandi oder Jan Swammerdam, die zu einer internationalen Gelehrtenrepublik gehörten, auf die das noch heute gültige Welt- und Selbstbild Europas zurückgeht.
Die Werke Marseus van Schriecks und seiner Künstlerkollegen können erst angemessen gewürdigt und verstanden werden, wenn dieser Kontext wieder hergestellt wird. Zugleich folgen die Darstellungen künstlerischer Inszenierungsprinzipien, die die natürliche Welt unter dem Blickwinkel der Narration, der Allegorie etc. wahrnehmen. Daher wird umgekehrt die Wissenschaft des 17. Jahrhunderts erst vollständig wahrgenommen, wenn die heutige Trennung zwischen Kunst und Wissenschaft überbrückt wird. Da die Kunstgeschichte sich auf die niedrige Wertung des Stilllebens durch van Mander verließ, hat diese Gattung bisher zu wenig Aufmerksamkeit erhalten. Sie erweist sich als Leitmedium für den Paradigmenwechsel der Wissenschaften im 17. Jahrhundert. Den Zusammenhang von Kunst und Wissenschaften wieder erkennbar zu machen, ist das Anliegen des Schweriner Ausstellungsprojekts.