Abendmahlskanne der Kirche St. Marien zu Berlin, 1632
Evangelischer Kirchenkreis, Berlin-Stadtmitte
Die schmucklose Kanne ist ein typisches Beispiel nord- bzw. mitteldeutscher Abendmahlskannen, wie sie in vielen Beispielen etwa aus Danzig, Königsberg, Küstrin, Frankfurt/Oder, Leipzig, Erfurt, Hamburg und wie in diesem Fall Berlin bekannt wurden. Die Kanne ist unterhalb des Ausgusses mit einer gravierten Stiftungsinschrift auf vergoldetem Grund versehen:
HENRICH•RETZLOW•ANNA•MARGARETA•FORSTERIN ANNO 1632•HABEN•OBGEDACHTE•BEIDE•EHELEUTE•DIESE•KANNE IN•SANCKT•MARIEN•KIRCHE•ZVM ALTAR•VOR•EHRET
Heinrich Retzlow, Sohn des Berliner Bürgermeisters Valentin Retzlow und dessen Frau Sawina Schragin, besuchte das Berliner Gymnasium und studierte anschließend Jura in Wittenberg und Frankfurt an der Oder.
Heinrich Retzlow leistete den Bürgermeistereid am 3. Januar 1637 und bekleidete das Amt zwei Jahre. Schon davor, 1631, war er zum Ratsherrn gewählt worden. Seit 1610 betätigte er sich als öffentlicher Notar. Heinrich Retzlow wurde in der Berliner Marienkirche beigesetzt. An ihn und seine Gemahlin Anna erinnert dort ein gemaltes Epitaph.
Die glattwandige, zylindrische Kanne zeigt einige minimale Verbeulungen, insbesondere am unteren Ansatz des Griffes; die äußere Teilvergoldung ist in den meisten Partien durch Putzen und Gebrauch stark abgerieben. Die innere Vergoldung – von kleinen Fehlstellen abgesehen – ist sehr gut erhalten.
Insgesamt ist die Kanne trotz ihres hohen Alters von 380 Jahren in einem guten originalen Erhaltungszustand. Erfreulich ist auch, dass die Kanne nicht durch unsachgemäße Restaurierungen oder spätere Zutaten verändert wurde.
Prof. Dr. Ernst-Ludwig Richter
Abbildung:
Abendmahlskanne
Silber, innen voll-, außen teilvergoldet
H. 24,5 cm
1.050 g schwer
kein Beschau- und Meisterzeichen
© Evangelischer Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte