Abendmahlskelch der Meininger Schlosskirche, um 1700
Meininger Museen
Seit 1682, der Gründung des Herzogtums Sachsen-Meiningen, existierte in der Residenzstadt Meiningen ein herzoglicher Hof, der als wichtiger Auftraggeber eine umfängliche Hofhaltung, ein intensives Kulturleben und auch die Ansiedlung von Hofhandwerkern nach sich zog. Während der gesamten herzoglichen Regentschaft über den südthüringischen Staat Sachsen-Meiningen sammelte sich bis 1918 eine ganze Reihe von Sachzeugen an, welche in ihrer Gesamtheit in Verbindung mit ihrer Geschichte die Einzigartigkeit des Sachsen-Meininger Musenhofes charakterisierten. Doch die Zäsuren des 20. Jahrhunderts, vor allem die von 1918 und 1945, sorgten dafür, dass eben jener Musenhof bis heute enorme Verluste zu beklagen hat. So zog die Auflösung des Herzogtums und der damit verbundenen entsprechenden Hofhaltung 1920 auch die Auflösung der Schlosskirchengemeinde nach sich, welche neben Hofangestellten auch Hofhandwerker in sich vereint hatte. Ihre Gottesdienste fanden bis dahin regelmäßig in der Kirche des Schlosses Elisabethenburg statt, denen auch die herzogliche Familie beiwohnte. Während die prunkvolle Ausstattung des Kirchenraumes auf das herzogliche Haus zurückzuführen ist, befanden sich die Abendmahlsgeräte offenbar im Besitz der Schlosskirchengemeinde. So ist in einem thüringischen Kunstinventar von 1909 neben weiterem Abendmahlsgerät unser Kelch erwähnt, aber als einziges Objekt beschrieben worden; daher ist er als einzigartig und von hohem regionalhistorischen Wert ein- zuschätzen. Der qualitätvolle Kelch besitzt außer der oben beschriebenen Stiftungsinschrift auf dem Boden des unteren Standringes keine Marken. Wahrscheinlich handelt es sich hier dennoch um eine Meininger Arbeit. Dank der Recherchen von Werner Schmidt ist bekannt, dass sich um 1703 mehrere Gold- und Silberschmiede in Meiningen niedergelassen hatten. Angesichts der Qualität wird vermutet, dass diese Arbeit dem Hofgoldschmied Johann Matthias Anthing zuzuschreiben ist, der für qualitätvolle Schöpfungen bekannt geworden war. Daher wird dieser Kelch den mit Abstand qualitätvollsten Höhepunkt der gegenwärtig noch kleinen Meininger Silbersammlung darstellen.
Andrea Jakob
Abbildung:
Abendmahlskelch der Meininger Schlosskirche, um 1700, Silber, vergoldet, mit gravierten Blattelementen am Fuß, H. 25 cm, D. 11 cm © Meininger Museen