Alexej von Jawlensky, Heilandsgesicht: Ruhendes Licht 1921
Museum Wiesbaden
Das Gemälde Heilandsgesicht: Ruhendes Licht ist ein repräsentatives Beispiel für Alexej von Jawlenskys Arbeit in Serien. Im Schweizer Exil beginnt er um 1915 mit der Arbeit an den Variationen über ein landschaftliches Thema. Erstmals wird ein einzelnes Motiv zum Kernthema einer Serie, wird der Fensterausblick in einen Garten zum Spielfeld für Form- und Farbfindungen. Mit den Mystischen Köpfen entsteht wenig später ab 1917 eine Serie, die das Porträt seiner Vorkriegsköpfe wieder aufnimmt und in vereinfachter Formensprache und den Farben der zeitgleichen Naturvariationen in unterschiedlich idealisierten Typen aufleben lässt.
Die ebenfalls 1917 einsetzende Serie der Heilandsgesichte bildet als Essenz dieser nun mehr und mehr das reine Antlitz beleuchtenden Malerei zwei Grundformen aus: Gesichte mit offenen und mit geschlossenen Augen. Letztere leiten um 1920 zur Serie der Abstrakten Köpfe über, deren grundsätzlich verschlossene Augenpartie eine geometrisierende Bildfindung befördert und teilweise auch eine ungegenständliche Lesart möglich werden lässt. Heilandsgesicht: Ruhendes Licht gehört zum Typus dieser Heilandsgesichte mit geschlossenen Augen. Nicht nur die Formensprache ist vereinfacht, auch die Farbigkeit ist reduziert. Das Gemälde bleibt Antlitz und doch eröffnet es dem Künstler – wie auch dem Betrachter – die Möglichkeit eines Dialogs der Linien in Form und Farbe. Neben die gegenständliche Lesart tritt eine neue, davon unabhängige Seherfahrung.
In der Jawlensky-Sammlung des Museums Wiesbaden, der bedeutendsten öffentlichen Sammlung mit Werken des russischen Malers überhaupt, füllt Heilandsgesicht: Ruhendes Licht eine der wenigen noch bestehenden Lücken.
Dr. Volker Rattemeyer
Abbildung: