"Astronomische Tischuhr" (1625) von Christof Pleig kehrt wieder nach Ulm zurück

Museum Ulm

Dank der großzügigen finanziellen Förderung der Freunde des Ulmer Museums e.V. und der Ernst von Siemens Kunststiftung konnte das Museum Ulm die "Astronomische Tischuhr" von Christof Pleig, der mit seinen Werken in der Sammlung des Museums Ulm bislang nicht vertreten war, in der vergangenen Woche im Berliner Auktionshaus Bassenge ersteigert werden, nachdem diese bereits kurzzeitig als Leihgabe aus Privatbesitz in den Jahren 1981 bis 1996 im Museum zu Gast war.

Die Alte Sammlung des Museums Ulm sammelt, erforscht und präsentiert Kunst- und Kulturgeschichte Ulms zwischen Mittelalter und 19. Jahrhundert. Einen wichtigen Teilbereich bilden die Erzeugnisse der Ulmer Uhrmacher mit etwa 50 Exemplaren – der Bogen umspannt vier Jahrhunderte und reicht von einfachen frühen Tischuhren über reich ornamentierte Taschen-, Wand- oder Reiseuhren bis hin zu Standuhren mit beweglichem allegorischem Figurenschmuck. Christof Pleig zählt zu den bedeutendsten süddeutschen Feinmechanikern und Uhrmachern und ist in Ulm zwischen 1575 und 1625 nachweisbar, zu einer Zeit, in der sich die Stadt im frühen 17. Jahrhundert zu einem aufstrebenden Ort der Uhrmacherkunst entwickelte. Nun kann die Sammlung mit dem Erwerb der äußerst seltenen "Astronomischen Tischuhr" aus dem Jahre 1625 als hochkarätige Preziose aus seiner Hand erweitert werden.

Das Gehäuse aus Eisenblech gewinnt seinen ästhetischen Reiz nicht durch kostspielige Materialien, sondern dank des reichen malerischen Dekors und gestalterischer Details wie den kleinen Kugelfüßen, dem durchbrochenen Aufbau oberhalb des Schlagwerks oder den beiden hammerschwingenden Jacquemart-Figuren. Das eigentliche Meisterwerk jedoch ist Pleigs Uhr: Sie ist nicht nur reiner Zeitmesser, sondern zeigt kalendarische Daten sowie astrologische und astronomische Vorgänge an. Das große Zifferblatt auf der Vorderseite bildet neben Tages- und Viertelstunden auch die 29,5 Tage des „Mondalters“, die Phasen des Mondes und den Eintritt von Sonne und Mond in die Tierkreiszeichen ab. Auch das identisch große Zifferblatt auf der nicht weniger aufwendig gestalteten Rückseite zeigt die Uhrzeit mit Stunden, Viertelstunden und Minuten an, außerdem die Monate und Tage im Jahr, die gravierten Bilder des Tierkreises sowie die Tag- und Nachtlängen und die Zeiten für Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Die Vorderseite verfügt zusätzlich über zwei kleinere Zifferblätter: links oben sind die sieben Wochentage in Gestalt römischer Planetengötter ablesbar, rechts der Tag des Monats. In dieses rechte Zifferblatt sind die Silhouette der Stadt Ulm mit dem unvollendeten Münsterturm und die Signatur des Uhrmachers Christof Pleig graviert. Die Stadtdarstellung entspricht jener, die 1622 für einen Ulmer Regimentstaler verwendet wurde; damit ist ein Hinweis auf die Datierung der Uhr gegeben.

Die allegorischen Malereien auf dem Gehäuse ergänzen die kalendarischen, astronomischen und astrologischen Angaben der Uhr: In den Zwickeln des Aufsatzes sind die vier Jahreszeiten, auf der Vorderseite Allegorien der Astronomie und der Geometrie dargestellt, der schlafende Putto mit Totenschädel und Sanduhr gemahnt an die Endlichkeit der menschlichen (Lebens-)Zeit.

Die Räderuhr war ursprünglich, d.h. in der von Pleig geschaffenen Fassung, mit einer Spindelhemmung versehen, das Uhrwerk wurde jedoch nachträglich auf Pendelgang „modernisiert“. Uhrwerk, Gehäuse und Malerei zeigen Spuren von Ausbesserungen und Retuschierungen, sind aber dem Original treu geblieben.

„Die astronomische Tischuhr von Christof Pleig ist ein faszinierend detailreiches und noch funktionsfähiges Kunstwerk. Zweifellos hat sie der ortsansässige Goldschmied für einen Ulmer Auftraggeber gefertigt und deshalb eine Stadtansicht integriert. Das aufwendig gefertigte Stück kann jetzt nach einem kurzen Gastspiel doch endgültig in Ulm bleiben, wo es seine größte Strahlkraft entfaltet. Das Vermächtnis des Mäzens und Unternehmers Ernst von Siemens und sein in der Stiftungssatzung spürbarer unternehmerischer Geist erlaubten es, in einer Auktion entschlossen und kurzfristig erfolgreich zu sein“, freut sich Dr. Martin Hoernes, der Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung.

Abbildung:

Astronomische Tischuhr, Christof Pleig (Uhrmacher, nachweisbar in Ulm 1575 bis 1625), Unbekannter Maler, ca. 1625, verschiedene Metalle, Ölfarbe, Höhe 48 cm, Breite 26 cm, Tiefe 14 cm; © Museum Ulm, Foto Oleg Kuchar