Attische Kalpis von 400 v.Chr. für Staatliche Antikensammlungen und Glyptotheken in München
Staatliche Antikensammlungen und Glyptotheken, München
Die Kalpis ist eine Form der Hydria, eines griechischen Gefäßes zum Transport von Wasser. Da der tägliche Gang zum Brunnen zu den Aufgaben der Frauen eines Hauses gehörte, sind seit dem fortgeschrittenen 5. Jahrhundert v. Chr. häufig Szenen aus dem weiblichen Umfeld auf solchen Gefäßen dargestellt worden. Gleichzeitig muss aber betont werden, dass entsprechende kleinformatige, mit figürlichem Dekor versehene Tongefäße nicht für den Transport selbst, sondern für das Auftragen des Wassers verwendet worden sind. In den Szenen findet man Darstellungen von Frauen bei der Hausarbeit oder bei der Vorbereitung von Familienfesten, wie z. B. einer Hochzeit. In mythischer Überhöhung solcher „Frauengemachsszenen“ zeigt die in Athen hergestellte Kalpis Aphrodite und Eros im Kreise von vier dienenden Frauen. In der für die Zeit um 400 v. Chr. charakteristischen Art und Weise sind die Figuren räumlich gestaffelt auf der Vorderseite der Kalpis verteilt. Aphrodite sitzt im Zentrum, während sich der geflügelte, nackte Eros an ihre Schulter lehnt. Rechts und links stehen die vier Frauen, von denen sich eine zu einem Reh oder Hirschkalb hinab beugt. Zwischen den Figuren emporwachsende Pflanzen verdeutlichen, dass diese Szene nicht im Haus, sondern in einem ländlichen Heiligtum der Göttin angesiedelt ist. Solche idyllischen Szenen im Garten der Aphrodite stehen am Beginn einer langen Tradition von Darstellungen dieses Sujets in der römischen Wandmalerei sowie der Kunst der Renaissance und des Barock. Oben und unten wird die Darstellung von einem Eierstabfries eingefasst, wie er auch als Dekor der Mündungsplatte dient. Die Rückseite des Gefäßes wird von einer großen Henkelpalmette eingenommen.
Die kleinteilige Gewandgestaltung bei der Aphrodite, aber auch die generelle Anlage der Darstellung verweisen in das Umfeld des Meidias-Malers, eines der führenden Vasenmaler des sogenannten reichen Stils kurz vor 400 v. Chr.
Dr. Jörg Gebauer
Abbildungen: Umkreis des Meidias-Malers: Attische Kalpis, um 400 v. Chr., Ton, H. 28,1 cm; max. D. 20,8 cm; Mündung D. 12,6 cm; gebrochen, fachmännisch restauriert.