Bedeutende Neuerwerbung: Das Gemälde "Empfängnis" von Georg Baumgarten
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Georg Baumgartens 1914 entstandenes, im anspruchsvollen Großformat gemaltes Bild „Empfängnis” ist das früheste erhaltene Gemälde des Künstlers. Das Gesicht im Zentrum kristallisiert sich aus ineinander verschachtelten Farbsegmenten heraus, wobei sein schauendes Auge zum Mittelpunkt der Komposition wird. Ihre Struktur basiert auf kreis- und scheibenförmigen Elementen, deren konzentrische Anordnung untereinander verschoben ist. Die Komposition entwickelt sich wie aus einer scheinbar endlos in sich kreisenden Bewegung. Schwebend und beweglich wirken die Farben, was durch den leuchtenden Effekt des Zusammenspiels komplementärer und nichtkomplementärer Farbkontraste noch verstärkt wird.
Das Werk „Empfängnis“ zeigt deutlich den Einfluss von Robert Delaunay (1885 - 1941). Baumgarten hatte das Schaffen Delaunays im „Ersten Deutschen Herbstsalon“ kennengelernt, den Herwarth Walden in seiner Berliner „Sturm“-Galerie im Jahr 1913 veranstaltete. Die Ausstellung gab mit 366 Werken von 75 Künstlern aus zwölf Ländern erstmals eine umfassende Übersicht über alle progressiven europäischen Kunstströmungen. Walden verfolgte die Idee einer internationalen Stilsynthese, wobei er die verschiedenen Richtungen unter dem Oberbegriff „Expressionismus“ zusammenfasste. Delaunays Malerei galt als einer der Höhepunkte. Der französische Kunstkritiker Apollinaire bezeichnete den Herbstsalon sogar als „ersten Salon des Orphismus“.
Baumgarten, als Künstler Autodidakt, befasste sich - wie sein großes Vorbild Kandinsky - neben der Malerei mit Musik und schrieb expressionistische Dichtungen. In seiner Kunst hielt er zeitlebens an dem spezifischen „Sturm-Expressionismus“ fest und schuf sich damit sein „Kosmorama“, wie er seine im Grenzenlosen beheimateten Formenwelten bezeichnete. Aus Furcht vor Repressalien stellte Georg Baumgarten 1937 seine künstlerische Tätigkeit ein.
Ursula Peters
Abbildung: