Buchholz' "senkrechte gold" besticht durch konsequente Reduktion
Stiftung Moritzburg Halle
Der Maler Erich Buchholz nimmt unter den deutschen Künstlern, die sich in den 1920er Jahren der konstruktivistischen Formensprache bedienten, eine besondere Stellung ein. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs vereitelte seinen Wunsch, Schüler von Lovis Corinth zu werden. Unter der Wirkung der ungarischen und russischen Avantgardekünstler, mit denen er nach 1918 in Berlin verkehrte, und im Austausch mit den Dadaisten suchte auch er einen Neuanfang, schloss sich jedoch keiner der Gruppierungen an. Früh fand er eine eigenständige abstrakte geometrische Formensprache. 1921 richtete Herwarth Walden ihm in seiner Galerie Der Sturm eine Einzelausstellung aus. Schon 1925 zog Buchholz sich vom Kunstbetrieb zurück und ließ sich im Umland von Berlin nieder, wo er mit einem landwirtschaftlichen Betrieb die 1930er Jahre überstand. Bei der Arbeit am Holzschnitt entdeckte Buchholz die plastische Qualität der Druckstöcke und verwandelte sie durch Bemalung in eigenständige Bilder. Diese in mehreren Schichten aufgebauten Relieftafeln, deren Holzplatten durch Bearbeitung mit dem Metallstichel eine lebendige Faktur zeigen, tragen eine lockere Malerei mit feinen Abtönungen. Seine Kompositionen basierten nicht auf linearen Konstruktionen oder konzeptuellen Ideen, sondern entwickelten sich spontan aus dynamischer Formbewegung im Ausgleich von Offenheit und Geschlossenheit, Bildfläche und Umraum. Darin unterschied er sich von vielen der anderen Konstruktivisten. Buchholz übertrug seine Themen auch in die Typographie, in Raumgestaltung sowie Architektur und bezog in eigenen Texten Stellung zu seiner künstlerischen Arbeit. Das hochrechteckige, rahmenlose Holzrelief senkrechte gold aus dem Jahr 1922 zählt in seiner konsequenten Reduziertheit zu seinen besten Werken. Aus aufeinander montierten, homogen bemalten Holzplatten zusammengesetzt, beschränkt es sich auf die Nicht-Farben Schwarz und Weiß, auf ein unvermischtes, primäres Rot und einen senkrechten, tiefen goldenen Grat. Die ausgesprochen architektonisch gebauten Proportionen verweisen auf Buchholz’ architektonisches Denken. Ähnliche Reliefs schuf er für sein Berliner Atelier, in dem er 1923 seine Vorstellungen vom Raumkunstwerk programmatisch verwirklichte. Mit dieser Leihgabe wird der Bestand des Konstruktivismus in der Stiftung Moritzburg, zu dem Werke von El Lissitzky und Walter Dexel gehören, wesentlich bereichert und gestärkt.
Dr. Katja Schneider