Carl Joseph Begas, Ein alter König lauscht dem Saitenspiel eines Pagen, 1839

BEGAS-Haus, Heinsberg

Carl Joseph Begas, umworbener Porträtist des preußischen Königshauses wie der Berliner Oberschicht und Professor an der Königlichen Akademie, war in den 1830er Jahren auf dem Zenit seines Schaffens. 1839 präsentierte er in der Berliner Akademieausstellung das Historiengemälde Ein alter König aus dem Mittelalter in seinen letzten Tagen, so der ursprüngliche Bildtitel.
Mit verzerrt-gekrümmter, zugleich angespannter Haltung kauert ein greiser König in seinem mit Kissen ausstaffierten Thronsessel. Die rot umränderten Augen starren ins Leere, das eingefallene Gesicht mit dem langen weißen Bart wird von wirrem Haar umflattert. Es ist die wohl düsterste Gestalt, die Begas d. Ä. je geschaffen hat, geradezu bedrohlich wirkt sie in ihrer Mischung aus Melancholie und Furor. Der geistige und körperliche Verfall sind überdeutlich in Szene gesetzt und kontrastieren mit der zu Füßen des Herrschers sitzenden Gestalt des blondlockigen Pagen, der anstelle der Harfe, die man bei David erwarten würde, auf einer Laute spielt. Zwischen dem Herrscher und dem Pagen steht eine dritte Gestalt, ein reich gekleideter bärtiger Mann mit ernsten Zügen, der eine kostbare Phiole mit einer undefinierbaren Flüssigkeit hält. Es könnte sich hier um Jonathan, den ältesten Sohn des Saul und Herzensfreund Davids, handeln. Als Sauls Zorn sich aus Angst vor dem Verlust seiner Macht gegen David kehrte, verhalf Jonathan diesem zur Flucht. Die Figuren symbolisieren verschiedene Altersstufen und Temperamente, sie sind zugleich Ausdruck von Begas´ Beeinflussung durch die „Seelenmalerei“, die sein ehemaliger Malerfreund aus Berlin, Wilhelm von Schadow, ein Jahrzehnt zuvor an der Düsseldorfer Akademie etabliert hatte. Das Gemälde markiert den Schlusspunkt von Begas´ ‚Düsseldorfer Phase‘. Nachdem die Kritik die sentimentalische Auffassung monierte, verlegte sich der Maler nach 1840 wieder verstärkt auf die finanziell einträglichere Porträtmalerei. Auch deshalb sind nur wenige Gemälde mit literarisch-historischem Sujet von seiner Hand überliefert.


Dr. Wolfgang Cortjaens

Abbildung:
Carl Joseph Begas d.Ä., Ein alter König lauscht dem Saitenspiel eines Pagen, 1839
© BEGAS-Haus, Heinsberg