Caspar Neher, Die Antigone des Sophokles 1948
Deutschen Theatermuseum, München
Das Konvolut von 313 Zeichnungen des Bühnenbildners Caspar Neher zu Theaterstücken von Bertolt Brecht (1898-1956) zeichnet sich durch umfassende Serien aus, an denen sich die szenischen Abläufe ablesen lassen. Die erste gemeinsame Arbeit von Brecht und Neher nach dem Zweiten Weltkrieg ist „Die Antigone des Sophokles“, uraufgeführt am 15.2.1948 in Chur.
Dem vorangegangen waren für Brecht vierzehn Jahre Exil, in denen er einige seiner bekanntesten Stücke verfasste, aber keiner der Uraufführungen hatte beiwohnen können. Nach der Rückkehr bestand für den Schriftsteller die Möglichkeit, seine eigenen Vorstellungen umzusetzen – gemeinsam mit dem lebenslangen Weggefährten Caspar Neher, dessen Anteil an dem dramatischen Werk Brechts und dessen Realisierung nicht hoch genug einzuschätzen ist. Die Resultate erklärte Brecht zu so genannten Modellinszenierungen.
Nach so langer Zeit kann man sich den Versuch der Freunde, in der gemeinsamen Arbeit wieder zusammenzufinden, nur als ein sensibles und emotional berührendes Unterfangen vorstellen. Auch für Brechts Ehefrau, die Schauspielerin Helene Weigel, hatte das Exil spürbare Konsequenzen. Da sie fünfzehn Jahre lang keine deutschsprachige Rolle gespielt hatte, fühlte sich "die Weigel" ihrer schauspielerischen Mittel nicht mehr sicher. Um diese auszuprobieren, entschied man sich für das Provinztheater in Chur. Es wurde ein künstlerischer Erfolg. Brecht, Weigel und Neher zogen nach Berlin, das „Berliner Ensemble“ wurde gegründet. Eine Reihe gemeinsamer Arbeiten von Brecht und Neher folgten, wovon die Serien dieses Konvoluts zeugen.
„Mich, den Stückeschreiber hat der Krieg getrennt von meinem Freund, dem Bühnenbauer“, schrieb Brecht 1947. Das stilistische Prinzip, das hinter dieser Bezeichnung steckt, prägte auch die „Antigone“. Neher gab den Schauspielern absichtsvoll „...nur ein kleines Spielfeld ..., auf dem sie zeigen konnten, wie die Figuren des alten Gedichts sich verhielten. Auch ließ ich den Vorhang weg.“ Auf dieser konzentrierten Spielfläche sehen wir die Protagonisten auf den Blättern agieren, die in hervorragender Weise unter anderem die starke szenische Präsenz der Weigel in der Rolle der Antigone vor Augen führen.
Claudia Balk
Abbildung: