Christian Daniel Rauch, Satyr, 1796/1797
Museum Bad Arolsen
Die lebensgroße Büste eines Satyr von Christian Daniel Rauch entstand um 1796/97 und zählt zu den frühesten Werken dieses bedeutenden Bildhauers, der neben Gottfried Schadow und Reinhold Begas als einer der drei Hauptmeister der deutschen Skulptur des 19. Jahrhunderts gilt.
Die Büste gelangte über einen 200-jährigen Bestand in privater Hand jetzt in den Handel. Die zunächst mündlich bewahrte Zuweisung an Rauch wurde von Jutta von Simson bestätigt, die die Büste in ihrem Werkverzeichnis als Nummer zwei aufführt. Die Skulptur befand sich in Besitz von J. A. Fleischer, Bürger und königlicher Schuhmachermeister in Potsdam, der sie als Freundschaftsgeschenk von Rauch erhalten haben soll.
In der Figur verbindet sich die seit Winckelmann obligatorische Antikenrezeption mit einer spätbarocken Sinnenfreude. Das Werk entspricht dem Typus der antiker Tradition folgenden, frontal angelegten Bildnisbüste mit großem, unbekleidetem Bruststück und kräftigen Schulteransätzen des späten 18. Jahrhunderts. Der Kopf des älteren Satyrs ist feinteilig behandelt, die charakteristischen Hörner wie auch die Eselsohren sind ebenso prägnant ausgearbeitet, wie das etwas überzeichnete Profil. Wäre hier nicht von einem Satyr, einem in der griechischen Mythologie bekannten Begleiter des Weingottes Dionysos, die Rede, könnte man annehmen, dass der Büste im Sinne Lavaters eine parodistische Note unterlegt sei.
Die Satyr-Büste ist aus Holz gearbeitet. So steht dieses Frühwerk für eine in Rauchs Œuvre kurze, noch seiner Ausbildung verpflichteten Phase, während der Rauch auch geschnitzte Hirschköpfe für die Löwenburg in Kassel schuf. Im Zusammenklang mit seinen späteren Werken, die sich teils dauerhaft und teils als Dauerleihgaben der Alten Nationalgalerie Berlin im Christian Daniel Rauch-Museum in Bad Arolsen befinden, ergibt sich eine aufschlussreiche Einsicht sowohl in die Materialikonographie um 1800 als auch in die künstlerische Gesamtentwicklung des damals erst zwanzigjährigen Künstlers.
Dr. Birgit Kümmel