Comedia dell' arte am Weißenfelser Hof
Museum Weißenfels, Schloss Neu-Augustusburg
Die älteste europäische Porzellanmanufaktur wurde 1710 durch den sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. (August der Starke) in Meißen gegründet und produzierte das von Böttger zusammen mit Tschirnhaus 1707 erfundene Porzellan – das „weiße Gold“. Johann Joachim Kaendler (1706–1775) war der bedeutendste Modelleur dieser Manufaktur und arbeitete eng mit Peter Reinicke (1711–1768) zusammen. Einige im April 1744 datierte Einträge im Arbeitsbericht von Kaendler führen auf die Spur einer der berühmtesten Serien aller Porzellanfiguren des 18. Jahrhunderts – die Italienischen Komödianten für den Herzog von Sachsen-Weißenfels: „7. Eine zur Italienischen Comödie gehörige Fügur, Doctor genannt, Corrigiert, und zerschnitten und selbige zum abformen befördert, Welche Ebenfalls Vor den Hertzog von Weißenfels bestellet sind./8. Einen Arleguin Ebenfalls zur Italienischen Comödie gehörig, … .“ (Ziffer .2011) Insgesamt fertigte Meißen 20 verschiedene Figuren der Comedia dell’ arte für Herzog Johann Adolph II. (1685–1746), darunter natürlich auch den Pirot, die Columbine und den Pantalon. Die Eintragung belegt auch die Verwendung dieser Figuren als Tafelschmuck bei Festbanketts, der bis dahin meist aus Zucker und Tragant gefertigt wurde. Deutsche Oper und Theater spielten am Weißenfelser Hof eine wichtige Rolle bei der Repräsentation. Für höchste Qualität sorgten u. a. Johann Sebastian Bach als Kapellmeister „von Haus aus“ oder Caroline Neuber, die mit ihrer Schauspieltruppe häufig auf Schloss Neu-Augustusburg gastierte. Mit dem Tod des kursächsischen Generalfeldmarschalls Johann Adolph II. erlosch bereits 1746 aufgrund fehlender männlicher Nachkommen nach nur 90 Jahren die Sekundogenitur Sachsen Weißenfels. Sämtliche Pretiosen wurden umgehend von Weißenfels nach Dresden verbracht. Sie können heute im Grünen Gewölbe bewundert werden. Diese Leihgabe führte dankenswerterweise drei Meißener Porzellanfiguren an ihren ursprünglichen Bestimmungsort zurück und wurde in der Ausstellung Weißenfels eine hochfürstlich-sächsische Residenz präsentiert.
Martin Schmager
Abbildung:
Boloardo, Porzellan Meißen, H. 14,2 cm © Museum Weißenfels, Schloss Neu-Augustusburg