Das Relief des Abtes Schenute und die Statue des Pan werden für die Ausstellung "Achmîm – Ägyptens vergessene Stadt" restauriert
James-Simon-Galerie, Staatliche Museen zu Berlin
Das Ägyptische Museum und Papyrussammlung und die Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin widmen der oberägyptischen Stadt Achmîm voraussichtlich vom 20. Mai bis 13. September 2021 erstmals eine größere Ausstellung. Sie wird in der James-Simon-Galerie auf der Berliner Museumsinsel zu sehen sein.
Achmîm gilt als die älteste Stadt Ägyptens mit einer 6000-jährigen kontinuierlichen Besiedlung. Spezifische Ereignisse aus der Geschichte der Region sollen in acht Themeninseln (Landschaft und Landwirtschaft, Staat und Königshaus, Verwaltung und Lokaleliten, Götter und Priester, Schriftkultur und Bildung, Handwerk und Kunst, Grab und Totenkult, Forschungsgeschichte) veranschaulicht werden. Die dafür ausgewählten Objekte ermöglichen gleichzeitig, Bezüge zur überregionalen Geschichte Ägyptens und des Mittelmeerraumes herzustellen. Ausstellungsziel ist es, eine nahezu in Vergessenheit geratene, aber für Ägypten historisch bedeutende Region und ihre Metropole wieder zum Leben zu erwecken. Seit der ägyptischen Frühzeit war Achmîm Verwaltungszentrum des so genannten 9. oberägyptischen Gaues, einem der etwa 40 Verwaltungsbezirke des Landes. Zudem war die Stadt Hauptkultort des Fruchtbarkeitsgottes Mîn von Ipu, der später mit dem griechischen Pan gleichgesetzt wurde, welcher der Stadt in griechisch-römischer Zeit ihren Namen verlieh. Während der späten 18. Dynastie bestanden enge Verbindungen zum Königshaus von Amarna, der Residenz des Herrscherpaares Echnaton und Nofretete. In ptolemäischer Zeit entstand in Achmîm einer der größten Tempel Ägyptens, der bis zu seiner Zerstörung im 14. Jh. n. Chr. von den arabischen Historikern als Weltwunder beschrieben wurde. In der Spätantike prägten christliche Kirchen und Klöster die Landschaft um Achmîm, in der zur gleichen Zeit bedeutende Epiker und Alchemisten wirkten. Noch zu Beginn des 16. Jh. n. Chr. bezeichnete der Historiker Leo Africanus Achmîm als „älteste Stadt Ägyptens“. Die bereits von dem römischen Historiker Strabo gerühmte Achmîmer Textilindustrie hat sich sogar bis in die heutige Zeit erhalten.
Viele Objekte werden erstmals überhaupt öffentlich zu sehen sein.
Zwei für die Ausstellung wesentliche Objekten aus den Beständen der Berliner Museen werden im Rahmen der Corona-Förderlinie restauriert:
1. Statue des Pan [Antikensammlung der SMB Inv. SK 236, Provenienz: Teresa de' Rossi Caetani (Herzogin von Sermoneta, 1781-1842), seit 1841 in Berlin, H 122 cm]
Relevanz: Der Gott Pan ersetzt in griechisch-römischer Zeit die altägyptische Lokalgottheit Min und ist ihm gleichgesetzt. Nach ihm wird die Stadt „Panopolis“ genannt. Diesen Namen wird sie bis in die Spätantike wahren. Als Symbol für die Stadt erhält die Skulptur einen zentralen Platz im Ausstellungsparcours.
Bei der Skulptur handelt es sich um die römische Kopie eines griechischen Originals. Der Kopf (zurzeit separat) ist eine Gips-Ergänzung des 19. Jahrhunderts. Pan ist in der für ihn charakteristischen Weise bocksbeinig und mit einem um die Schultern gelegten Fell dargestellt. Auf der linken Schulter trägt er ein Kind (Dionysos als Knaben oder einen kindlichen Sartyr), dessen Oberkörper (ebenfalls aus Gips ergänzt) heute fehlt.
2. Relief des Abtes Schenute (SBM Inv. 4475; Provenienz: 1900/1901 durch Josef Strzygowski von Daniel Fouquet in Kairo erworben, H 53 cm, B 31 cm, T 8 cm),
Relevanz: Das Relief zeigt eine historisch belegbare Persönlichkeit, den weit über die Region Achmîm hinaus bekannten und wegen seiner Hetze gegen „heidnische“ Glaubenslehren berühmt-berüchtigten Klosterabt Schenute von Atripe (gest. 466 n. Chr.).
Schenute, auf dem Relief im typischen Habit der Mönche des Achmîmer Raums wiedergegeben, war Gründer eines christlichen Klosterverbandes in der Region, der gleichermaßen spirituelle Heimat für Mönche und Nonnen, florierendes Wirtschaftsunternehmen und ein Ort der Bildung im 9. oberägyptischen Gau war. Schenute und seine Nachfolger hinterließen ein reiches literarisches Werk und gründeten eine der bedeutendsten Klosterbibliotheken des Landes. Als Schlüsselwerk repräsentiert das Relief in der Ausstellung die Stadt und Umgebung Achmîms in spätantik-frühchristlicher Zeit.
Abbildungen :
1 Relief des Abtes Schenute, H 53 cm, B 31 cm, T 8 cm
2 Relief des Abtes Schenute, Rückseite
3 Statue des Pan, H 122 cm
4 Statue des Pan, Detail
5 Tina Dömling, freiberufliche Restauratorin
© Staatliche Museen zu Berlin
»Ein Telefonat hat gereicht, um zwei Schlüsselwerke aus den Staatlichen Museen zu Berlin für die Ausstellung „Achmîm – Ägyptens vergessene Stadt“ zu sichern, nachdem bedeutende Leihgaben aus dem Ausland corona-bedingt abgesagt wurden.«
Stellvertretend für das Ausstellungsteam:
Dr. Cäcilia Fluck und Paul Hofmann, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst; Wolfgang Maßmann, Antikensammlung; Tina Dömling, freiberufliche Restauratorin
Ein Projekt der Corona-Förderlinie für Selbständige in Museen und Sammlungen