„Der Heilige Gregorius von Nazianz“ (1621) von Peter Paul Rubens kehrt auf den Gothaer Friedenstein zurück!

Friedenstein Stiftung Gotha

Spektakuläre Rückführung zum 40. Jubiläum der Ernst von Siemens Kunststiftung

Ein Herzstück der Gemäldesammlung kehrt auf den Friedenstein zurück: die Ölskizze „Der Heilige Gregorius von Nazianz“ des niederländischen Malers Peter Paul Rubens wird bald ihren ursprünglichen Platz im Herzoglichen Museum Gotha wieder einnehmen. Rubens selbst fertigte die Ölskizze im Jahr 1621 an. Sie gehört zur Gothaer Serie von insgesamt fünf um 1620 entstandenen Ölskizzen von Peter Paul Rubens für die Antwerpener Jesuitenkirche Sint-Carolus Borromeus. Den Skizzen kommt eine besondere Bedeutung zu, da die Deckenmalereien mit den ausgeführten Werken aufgrund eines Brandes heute zerstört sind. Die Serie galt als eine der bedeutendsten kunsthistorischen Juwelen der Gothaer Gemäldesammlung und wurde infolge der Kriegsereignisse des Zweiten Weltkriegs in alle Winde zerstreut. Nur zwei der Skizzen befinden sich heute noch auf dem Friedenstein.

Die Rückführung

Die Rückkehr ist das Ergebnis eines intensiven Prozesses, der geprägt ist durch das positive Zusammenwirken zweier der Öffentlichkeit verpflichteten Kultureinrichtungen (Buffalo AKG Art Museum (USA) und Friedenstein Stiftung Gotha) sowie durch die vermittelnde und verantwortungsvolle Haltung des Auktionshauses Christie’s. Angestoßen wurde der Restitutionsprozess, als das Buffalo AKG Art Museum (zuvor Albright-Knox Art Gallery) 2021 die Rubens-Skizze beim Auktionshaus Christie’s zur Versteigerung einreichte und die Friedenstein Stiftung Gotha, die das Werk in die Verlustdatenbank LostArt eingestellt hatte, kontaktiert wurde. Von Beginn an war die Friedenstein Stiftung Gotha an einer gütlichen Einigung interessiert, da sie davon überzeugt war, dass das Museum das Werk im Jahr 1952 zwar gutgläubig erworben hatte, aber die wahren Eigentumsverhältnisse damals nicht offen lagen.

Die bewegte Geschichte der Ölskizzen

Während sich die Skizzen des „St. Athanasius“ und des „St. Basilius“ seit 1958 wieder auf dem Friedenstein befinden – sie waren nach dem Einmarsch der Roten Armee in die UdSSR verbracht, später aber wieder restituiert worden – teilen der jetzige Rückkehrer und die noch fehlenden Rubens-Skizzen ein anderes Schicksal: Sie waren im Jahr 1945 aus der Friedensteinschen Sammlung entnommen worden und mit der Argumentation, die Werke seien vor dem Zugriff der Roten Armee zu retten, bei Kriegsende nach Coburg überführt worden. Die Werke standen damals bereits seit langem nicht mehr im Eigentum der Herzoglichen Familie von Sachsen-Coburg und Gotha, welche sie bald nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA verkaufte. Sie gehörten vielmehr der eigenständigen, öffentlichen Zwecken verpflichteten „Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’sche Stiftung für Kunst und Wissenschaft“. Im Jahr 1952 wurde die Gregorius-Skizze von der New Yorker Galerie E. & A. Silberman an die Albright Art Gallery verkauft, die Vorgängerin der Albright-Knox Art Gallery, aus der das Buffalo AKG Art Museum hervorgegangen ist.

Neben den Werken „St. Athanasius“ und „St. Basilius“ markieren im Niederländer Saal des Herzoglichen Museums Gotha heute schwarz-weiße Reproduktionen den Verlust der anderen drei Rubens-Skizzen. Eine dieser Leerstellen wird bald durch das farbige Original gefüllt werden, wenn „Der Heilige Gregorius von Nazianz“ an seinen Platz zurückkehrt. Die noch fehlenden Gothaer Rubens-Ölskizzen sind weiterhin als kriegsbedingt verbrachtes Kulturgut bei Lost-Art, der Datenbank des Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, gelistet.

Seit vermutlich 1952 war „Der Prophet Elias“ im Besitz von Curtius O. Baer. Der letzte bekannte Besitzer war die Sammlung George M. Baer († 2009) aus Atlanta, Georgia. Seit spätestens 1997 war die Skizze als Leihgabe in der National Gallery of Art in Washington, D.C. nachweisbar. Es ist jedoch unklar, ob sie sich derzeit noch dort befindet. Die Skizze „St. Augustinus“ befindet sich heute in der Sammlung Bührle (Schweiz) und ist im Kunsthaus Zürich ausgestellt. Mit der Sammlung Bührle ist die Friedenstein Stiftung Gotha im guten Austausch, mit dem Ziel, das Werk als temporäre Leihgabe nach Gotha zu bringen und die gesamte Serie der Rubensskizzen in einer Ausstellung zu würdigen.

Abbildung 1:

Peter Paul Rubens
„Der Heilige Gregorius von Nazianz", 1621
Öl auf Holz (Eiche), 48 x 62 cm
© Christie’s Images 2024

Öl-Skizzen für die Antwerpener Jesuitenkirche

Die fünf Gothaer Ölstudien sind Teil einer Serie von 22 erhaltenen Werken, die Rubens als Entwürfe für die Deckenbilder der Antwerpener Jesuitenkirche schuf. Diese schmückten einst die Decken der Emporen und Seitenschiffe der Antwerpener Kirche. Die Arbeiten waren Rubens' erster großer Auftrag für ein öffentliches Gebäude und entscheidend für seine Karriere.

Die Kirche selbst, ein Musterbeispiel barocker Kirchenarchitektur, wurde nach Plänen der Ordensbrüder François d'Aguilon und Pieter Huyssens sowie Peter Paul Rubens’ in den Jahren 1614 bis 1621 im Auftrag des Jesuitenkollegs gebaut. Die Deckengemälde waren bis spätestens Anfang 1621 fertig gestellt worden. Die Deckenbilder zeigten abwechselnd biblische Szenen, weibliche Heilige und Kirchenväter, um den Anspruch der Jesuiten zu versinnbildlichen, die wahre katholische Lehre zu vertreten.

Während Rubens die Entwürfe selbst malte, führten namenhafte Mitglieder seiner Werkstatt die Deckengemälde aus, die im 18. Jahrhundert bei einem Brand zerstört wurden. Die Modelli zeigen die künstlerische Virtuosität des flämischen Meisters und bestechen durch Rubens' virtuosen, spontan modellierenden Pinselduktus, der seine eigenhändigen Ölskizzen kennzeichnet.

Die ursprünglichen 39 Deckengemälde wurden vollständig zerstört, als die Kirche am 18. Juli 1718 von einem Blitz getroffen wurde und das Dach Feuer fing. In wenigen Stunden waren große Teile der Kirche zusammengebrochen und verbrannt. Die erhaltenen Ölskizzen von 1620 sind daher als Primärdokumente von unschätzbarem Wert und ein wertvolles Zeugnis des heute zerstörten Gesamtkunstwerks.

Abbildung 2:

Antoon Gheringh
Innenansicht der Jesuitenkirche zu Antwerpen, 1665
Öl auf Leinwand , 75,6 x 95,5 cm
Antwerpen © The Phoebus Foundation


Die fünf Gothaer Ölskizzen: Wie kamen sie in die Gothaer Sammlung?

Bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts befand sich in der herzoglichen Kunstkammer von Schloss Friedenstein eine Ölskizze, die Rubens für die Ausschmückung der Jesuitenkirche angefertigt hatte. Den „Elias“ hatte schon Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1676 – 1732) erworben. Die Ölskizzen von St. Athanasius und St. Basilius kaufte Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745 – 1804) zusammen mit den Modelli von St. Gregor von Nazianz und St. Augustinus im Jahre 1802 von dem Brüsseler Kunsthändler François Xavier de Burtin.

Seit 1918 – nach Abdankung des Herzoghauses - gehörten die Rubens-Ölskizzen zu einer selbständigen Gothaer Kunststiftung, deren Aufgabe der Erhalt und die Zugänglichkeit der Kunstwerke für die breite Bevölkerung in Gotha war.

Abbildung 3:

Der Oberlichtsaal des Herzoglichen Museums vor 1945
© Friedenstein Stiftung Gotha

Abbildung 4:

Peter Paul Rubens
„Der Heilige Athanasius siegt über Arius“, 1620
Öl auf Holz (Eiche), 49,6 x 64,4 cm
© Friedenstein Stiftung Gotha, inv. 709

Abbildung 5:

Peter Paul Rubens
„St. Basilius“, 1620
Öl auf Holz (Eiche), 49,5 x 64,4 cm
© Friedenstein Stiftung Gotha, inv. 710

Abbildung 6:

Peter Paul Rubens
„St. Augustin“, 1620
Öl auf Holz (Eiche), 48 x 62 cm
© Friedenstein Stiftung Gotha, Fotoarchiv
Diese Ölskizze zählt zu den Verlustobjekten, die auch bei Lost Art gelistet sind.

Abbildung 7:

Peter Paul Rubens
„Der Prophet Elias auf dem goldenen Wagen“
Öl auf Holz, 32,5 x 43 cm
© Friedenstein Stiftung Gotha, Fotoarchiv
Diese Ölskizze zählt zu den Verlustobjekten, die auch bei Lost Art gelistet sind.