Der sogenannte Mantel Martin Luthers, Ende 15./Anfang 16. Jahrhundert

Merseburger Dom und Kunsthistorisches Museum Schloss Merseburg

Im Domschatz des Merseburger Doms haben sich verschiedene Paramente des Mittelalters erhalten, die in den Inventaren der Domkirche seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert mit den Namen von Heiligen oder anderen herausragenden Persönlichkeiten verknüpft sind. So finden sich beispielsweise Textilien, an denen mit mehr oder weniger großer Berechtigung die Namen Kaiser Ottos des Großen, der heiligen Kunigunde, des heiligen Antonius von Padua, des Kardinals Albrecht von Brandenburg oder Bischof Thilos von Trotha haften. Mit einer stark beschädigten Kasel ist die Zuschreibung an Martin Luther verknüpft, der 1545 tatsächlich im Merseburger Dom predigte.

Ein rotes Seidenatlasgewebe bildet den Oberstoff des Gewandes, das Futter besteht aus einem beigefarbenen Leinengewebe. Auf der Rückseite der Kasel ist ein Kruzifix appliziert. Die figürliche Stickerei auf dem Astkreuz ist plastisch ausgearbeitet. Ein Nimbus umgibt das Haupt Christi. Eine textile Kontur betont die Silhouette der Figur. Die Plastizität der Darstellung wird durch textile Unterpolsterungen erreicht. Das Antlitz von Christi ist in feinem Seidengarn gestickt. Bart und Haupthaar sind aus Metalldraht gearbeitet.

Durch die Reinigung und Konservierung der stark beschädigten Kasel wird ein für die Geschichte des Merseburger Domkapitels hochinteressantes Textil auf Dauer bewahrt und erhalten werden können.

Dr. Holger Kunde

Abbildung:

Der sogenannte Mantel Martin Luthers, Ende 15./Anfang 16. Jahrhundert. Oberstoff: rotes Seidenatlasgewebe, Futter: beiges Leinengewebe, Stickerei.

© Merseburger Dom und Kunsthistorisches Museum Schloss Merseburg