Donatello und das Gipsmodell des Taufbeckens von Siena
Gipsformerei und Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin
Im Zentrum des Restaurierungs- und Ausstellungsprojektes steht ein mehrteiliges historisches Gipsmodell im Bestand der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin (Abb. 1). Es resultiert aus der im späten 19. Jahrhundert erfolgten Abformung des rund viereinhalb Meter hohen Taufbeckens im Baptisterium des Sieneser Doms (Abb. 2), das zwischen 1417 und 1429 von vier italienischen Bildhauern geschaffen wurde, unter ihnen der „Begründer der Renaissance“, Donatello (1386–1466). Die Idee des Projekts ist es, das Gipsmodell zu restaurieren, im Bode-Museum aufzubauen und in Bezug zu einem der Meisterwerke Donatellos in der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin zu setzen: der Bronzestatuette „Putto mit Tamburin“ (1428–29, Abb. 3), die einst Teil des Taufbeckens war und 1902 als Schenkung Wilhelm Bodes in die Sammlung kam.
Die Gipsmodelle der Berliner Gipsformerei sind Gebrauchs- und Sammlungsobjekte zugleich. Sie dienen als „Werkzeuge“ und authentische Referenzen für die Fertigung neuer Abgüsse. Zugleich sind sie Artefakte mit eigenen Biografien und Entstehungsgeschichten, sie sind einzigartig und selbst „Originale“. Das Gipsmodell des Taufbeckens ist ein Informations- und Bedeutungsträger, der den Zustand des Taufbeckens zum Zeitpunkt der Abformung im Jahr 1876 wiedergibt. Bei der Restaurierung soll dieser Zustand wiederhergestellt und das Modell in seinem historischen wie auch funktionalen Wert gesichert werden.
In der abschließenden Ausstellung trifft das restaurierte Gipsmodell auf Donatellos „Putto“. Dabei wird vermittelt, dass es sich bei der Bronzestatuette nicht etwa um eine Kleinbronze für einen Sammler handelt, sondern um den (kleinen) Teil eines Gesamtkunstwerkes, das aktuell selbst Gegenstand einer eigenen Restaurierungskampagne ist. Zugleich wird die spektakuläre, in den Akten des Museums tradierte Geschichte der Abformung des Taufbeckens nacherzählt, die der Gipsformerei den noch heute erhaltenen Modell- und Formenbestand verschaffte, auf Grundlage dessen später Abgüsse des Taufbeckens an Museen weltweit verkauft wurden. Es wird daran erinnert, dass Gipsabgüsse einst begehrte Sammlungsobjekte waren, und dass auch im Bode-Museum bis 1945 ein umfangreicher Bestand an hochwertigen Gipsabgüssen ausgestellt war, der heute verschwunden ist.
Veronika Tocha, Neville Rowley
1 Die Einzelteile des Gipsmodells in der Gipsformerei (Zustand vor Restaurierung) Foto: Staatliche Museen zu Berlin – Gipsformerei, Philip Radowitz
2 Donatello, Putto mit Tamburin, 1428–29, Bronze mit Spuren von Vergoldung, H. 36 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung, Inv. SKS 2653 Foto: Staatliche Museen zu Berlin – Skulpturensammlung, Antje Voigt
3 Taufbrunnen im Baptisterium in Siena Foto: Wikimedia Commons
4 Prof. Dr. Christina Haak, stellv. Generaldirektorin der Staatlichen Museen zu Berlin Foto: Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker
5/6 Aufbau des historischen Gipsmodells des Taufbeckens von Siena in der Krypta des Bode-Museums, © Staatliche Museen zu Berlin – Gipsformerei und Skulpturensammlung, Foto: Veronika Tocha
„Dank der großzügigen Unterstützung durch die Ernst von Siemens Kunststiftung kann die lange überfällige konservatorische Sicherung eines bedeutenden historischen Gipsmodells im Bestand der Berliner Gipsformerei in Angriff genommen werden. Dass die Förderlinie nicht auf Originalkunstwerke beschränkt bleibt, zeigt uns, dass wir mit unserer wissenschaftlichen und konservatorischen Aufarbeitung der Formen- und Modellsammlung dieses Hauses auf dem richtigen Weg sind.“
Prof. Dr. Christina Haak, stellv. Generaldirektorin der Staatlichen Museen zu Berlin
Ein Projekt der Corona-Förderlinie für Selbständige in Museen und Sammlungen