Ein bedeutender Schreibschrank kehrt ins Schloss zurück

Schloss Bruchsal, Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Im März 2022 förderte die Ernst von Siemens Kunststiftung den Rückerwerb eines hochbedeutenden Schreibschranks aus ehemalig fürstbischöflich-speyerischem, später großherzoglich badischem Besitz. Der Schreibschrank besteht aus einem hochformatigen Korpus mit zweitürigem, geschweiften Schrankaufsatz und kuppelartigem Abschluss, einer tief vorschwingenden Kommodenfront und seitlich jeweils fünf übereinander geordneten verschließbaren Schubladen. Die Knienische besitzt zwei weitere Schubladen und eine ausgeschnittene profilierte Zarge. Die Schreiblade vor dem zweischübigen Interieur mit geheimem Tresor lässt sich herunterklappen. 16 offene, mit Buntpapier ausgekleidete Kompartimente unterteilen das Innere. Der Schreibschrank ist mit fein maserierten Feldern, die von gefriestem Bandwerk umrahmt sind, eingelegt und besitzt ziselierte vergoldete Bronzebeschläge und Handhaben.
Rückseitig findet sich eine alte Inventarnummer O.M.R. No. 2 aus Schloss Bruchsal (Oberes rechtes Mezzanin, Raum Nummer 2). Nach der Säkularisation des Hochstifts Speyer 1803 gelangten Schloss Bruchsal und ein Großteil seines Inventars in die Hände der späteren Großherzöge von Baden. Das repräsentative Möbel wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts in der Residenz Karlsruhe und im Neuen Schloss Baden-Baden aufgestellt. Auf der Sotheby’s-Auktion in Baden-Baden wurde das Möbel 1995 vom Haus Baden verkauft und gelangte über einen Münchner Kunsthändler in Schweizer Privatbesitz. Von dort konnte es nun zurückerworben werden.
Stilistisch steht der Schreibschrank im Zusammenhang mit einem weiteren herausragenden Kunstobjekt, das sich bis heute in den Sammlungen von Schloss Bruchsal erhalten hat: einem prunkvollen Aufsatzschreibschrank in Rokoko-Gestaltung mit ähnlichem Aufbau und reichen Einlegearbeiten (Inv.Nr. G 1359, Rotes Zimmer). Beide Möbel sind sehr wahrscheinlich in einer Werkstatt gefertigt worden.
Die Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sind sehr dankbar, dass die Ernst von Siemens Kunststiftung diesen Rückerwerb möglich gemacht hat. Das Schreibmöbel wird ab Herbst 2022 im Grünen Zimmer der Beletage von Schloss Bruchsal – ganz in räumlicher Nähe seines „Verwandten“ – präsentiert.

Dr. Petra Pechaček

 

Abbildung:

Aufsatzschreibschrank, um 1755, Nussbaumholz, massiv geschnitzt und furniert, Konstruktion in Nadelholz; vergoldete Bronzebeschläge, Schließmechaniken, Scharnierbänder und Schlösser in Messing und Eisen, teilweise Stahl, Schlüssel später, Buntpapier, 220 x 160 x 94 cm © Schloss Bruchsal, Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg