Franz Marc, Landschaft mit Tieren und Regenbogen 1911
Franz Marc Museum, Kochel
Das nach sorgfältigen Vorarbeiten entstandene Bild Landschaft mit Tieren und Regenbogen sah Franz Marc als ein so wichtiges Werk an, dass er es unmittelbar nach Fertigstellung, nämlich bereits im Entstehungsjahr, der Öffentlichkeit präsentierte. Er brachte es – noch nach der Herstellung des Ausstellungskatalogs – in die „1. Ausstellung der Redaktion Der Blaue Reiter“ ein, die im Dezember 1911 in der Münchener Galerie Thannhauser stattfand, bevor er es im folgenden Jahr an Herwarth Walden in Berlin verkaufte.
In der Tat ist das bisher stets in Privatsammlungen ruhende, seit fast fünfzig Jahren nicht mehr öffentlich ausgestellte Gemälde ein außergewöhnliches Werk: Einmal deswegen, weil der Bildträger eine Glasscheibe ist, jedoch keine Hinterglasbilder vergleichbarer Größe – weder von Franz Marc noch von anderen Malern aus dem Kreis der unter dem Namen "Der Blaue Reiter" berühmt gewordenen Künstlergruppe – bekannt sind; zum anderen und vor allem deshalb, weil es wie kaum ein anderes Gemälde von Franz Marc den 1911 vollzogenen gewaltigen Entwicklungssprung des Künstlers aufzeigt. War in seinen Bildern bis dahin noch, wenn auch in zunehmend geringerem Maße, das Vorbild Natur erkennbar, so ist dieses Glasgemälde eine von überquellender Phantasie Zeugnis ablegende Komposition, in der die Formen in der ungeheueren Leuchtkraft ihrer Farben in Verbindung mit magischen schwarzen Zeichen – wie sie Kandinsky in seiner gleichfalls 1911 entstandenen "Komposition IV" verwendete – geradezu zu Versatzstücken in einer selbsterschaffenen neuen, nicht von Menschen bevölkerten Welt geworden sind; einer Welt, die mit der Gegenwart und überhaupt mit der für ein gewöhnliches Auge sichtbaren Welt nichts mehr gemein hat, und die sich für manchen Betrachter als Zeichen einer Weltflucht darstellen mag.
Mit dieser imaginären, weitgehend a-perspektivischen Landschaft, für die es auch in seinem Œuvre nichts wirklich Vergleichbares gibt, hat Franz Marc ein Werk von ganz besonderer Bedeutung und Eindruckskraft geschaffen.
Dr. Wolfgang Eberl
Abbildung: