Franz Marc, Tierkomposition
Franz Marc Museum Kochel
Die „Tierkomposition“ entstand im Jahr 1913, als Marc, angeregt durch Kandinsky und Delaunay, zu immer stärkerer Abstraktion und zu seiner charakteristischen Bildsprache fand. Die Kompositionsform, mit Anordnung der Tiere in einzelnen Registern übereinander, erinnert auch an seine Auseinandersetzung mit altägyptischen Reliefs. Die Gesetze der Perspektive sind aufgehoben, wodurch Landschaft und Tiere stärker in die Bildfläche eingebunden sind. Von unten nach oben sind zu erkennen: ein liegendes Pferd, das den Kopf zurückwendet, ein stehendes, nach links gerichtetes Pferd und ein weiteres, das den Kopf anscheinend zum Weiden gesenkt hat, dann ein liegendes Pferd sowie ein bildparallel stehendes Tier, das an eine Kuh erinnert.
Marc malte in diesen Jahren sowohl Tierbilder, bei denen die Bewegungen naturalistisch beobachtet sind, als auch andere, bei denen die friedlich beieinander stehenden Herden an ein Arkadien erinnern. In der „Tierkomposition“ verbinden sich beide Gestaltungsprinzipien. Das Tier wird Marc dabei zum Protagonisten einer Ursprünglichkeit, die Schöpfung scheint wieder mit sich versöhnt. In der „Tierkomposition“ zeigt das Tier seine innige Verbindung mit der Erde. Auch die Farbigkeit des Blattes mit dem kräftigen Ultramarinblau, den warmen Ocker- und Rotbrauntönen ist harmonisch ausgeglichen.
Die „Tierkomposition“ wirkt mit den freiliegenden Flächen des Büttenpapiers und der fehlenden Signatur unvollendet, dies doch nur auf den ersten Blick, betrachtet man z.B., wie mit den blauen Konturlinien das Pferd unten so umrissen ist, dass die helle Fläche des unbemalten Papiers die Plastizität des Körpers assoziieren lässt. Es erinnert an die meist immer unvollendeten und doch nie unfertig wirkenden Aquarelle Paul Cezannes. Marc entwickelt aus der Beobachtung der Tiere und den Landschaftsstrukturen ein abstrahierendes Netz aus Farben und Formen. Man kann den Maler in der „Tierkomposition“ bei der Arbeit des Abstrahierens beobachten, wie er die Ideen der Herdenbilder, der paradiesischen Tiergemeinschaften und der Genesis-Illustrationen, die im gleichen Jahr entstanden, verbindet und in der Schwebe der Andeutung hält. So spricht aus diesem Bild bereits Marcs „Sehnsucht nach dem unteilbaren Sein, nach Befreiung von den Sinnestäuschungen des ephemeren Lebens“ - für den Künstler Grundlage aller Kunst.
Andreas Strobl
Abbildung: