Frederic van Valckenborch, Durchzug durch das Rote Meer, 1597
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Das großformatige Historiengemälde zeigt das Ausruhen des erschöpften Volkes Israel nach seiner wunderbaren Errettung vor den Heerscharen des Pharao, der auf einem goldenen Streitwagen inmitten seiner Truppen in den Wogen des Roten Meers untergeht. Zum Dank und zur Preisung der Allmacht Gottes hebt Moses seine Hand zum Himmel. Die Massenszene dient dem Maler zur Demonstration von bewegten, zum Teil kompliziert verdrehten Figuren, die sich nach strapaziöser Flucht eine erste kurze Ruhepause gönnen und ihre Kinder versorgen. In akzentuierter Beleuchtung und scharfer Silhouettierung setzen sich die einzelnen Figurengruppen in der zerklüfteten Landschaft voneinander ab. Die von der Sonne durchbrochenen Gewitterwolken verstärken die dramatische Stimmung und verleihen dem Gemälde eine effektvolle Tiefe.
Mit dem in der Forschung zuvor unbekannten Historiengemälde stellt der aus Italien nach Frankfurt zurückgekehrte Maler seine Fähigkeiten unter Beweis. Der frühneuzeitlichen Künstlertradition entsprechend war Frederic van Valckenborch mit seinem Bruder Gillis 1590 zu einer Studienreise nach Italien aufgebrochen, um dort die in Antwerpen begonnene, dann in Frankfurt fortgesetzte Ausbildung zu vervollkommnen. Die stärksten Eindrücke hatten dabei offenbar die Gemälde Tintorettos auf den ersten beiden Stationen in Venedig und Mantua hinterlassen. Wenige Jahre vor Rubens scheint Frederic van Valkkenborch sogar kurze Zeit als Hofkünstler in Mantua tätig gewesen zu sein, bevor er um 1592 mit seinem Bruder nach Rom weiterzog. In den Jahren 1596/1597 kehrten die beiden Brüder nach Frankfurt zurück, wo ihr Vater Marten für sie das Malrecht beantragt hatte. Es wäre daher denkbar, dass mit dem 1597 datierten und signierten Gemälde ein Probe- und Meisterstück zur Erlangung des Malrechts vorliegt. Unter Berücksichtigung eines gleichformatigen, ebenfalls 1597 datierten und von Gillis van Valckenborch signierten Schlachtengemäldes (heute: Louvre, Paris) sowie weiterer, vielleicht ursprünglich zugehöriger großformatiger Gemälde mit Massenszenen, liegt es jedoch näher, dass der „Durchzug durch das Rote Meer“ aus einem bislang nicht bestimmbaren und lokalisierten Zyklus von monumentalen Historienbildern stammt, der vielleicht im Auftrag des Mainzer Erzbischofs entstanden ist.
Daniel Hess
Abbildung: