Frühe chinesische Bronzen (Sammlung Klingenberg)
Die erworbene „Sammlung Wilhelm und Christine Klingenberg“, seit 1989 bereits als Dauerleihgabe dem Museum zur Verfügung gestellt, schließt Lücken der Kriegsverluste. Bislang wurde mit Einzelerwerbungen die hohe künstlerische und technische Qualität der frühchinesischen Bronzekunst dokumentiert. Ankäufe von Spezialsammlungen erlaubten es, Sondergebiete der frühen Bronzekunst in breiterem Umfange zu zeigen. Auch die Wiedervereinigung mit der Ostasiatischen Sammlung des Pergamon Museums im Jahre 1992 konnte den Bestand nur um drei Bronzen aus dem 11. und 4. Jh. v. Chr. sowie drei Bronzespiegel erweitern. Dank der Sammlung Klingenberg ist jetzt das Museum für Ostasiatische Kunst Berlin wieder in der Lage, alle wichtigen Gefäßtypen der archaischen Ritualbronzen zu präsentieren.
Vornehmlich wird die Sammlung Klingenberg vom Stil der Shang-Dynastie (16.-11. Jh. v. Chr.) geprägt. Der Betrachter wird durch die prägnanten Formen, die Tier- oder Dämonendarstellungen auf den Gefäß- und Gerätekörpern und nicht zuletzt durch die meist grüne, gelegentlich in manchen Partien sogar bräunliche, rote und blaue Patina beeindruckt. Das beherrschende Motiv der Shang- und frühen Zhou-Dynastie ist das sog. Taotie, ein dämonisches Wesen, das frontal gesehen mit meist stark hervortretenden Augen, Fangzähnen, Hörnern und aufgeklapptem Körper sich in symmetrischer Anordnung, oft auf Spiralgrund, um den Gefäßkörper legt. Der Sinngehalt dieser dämonisch anmutenden Masken ist noch nicht geklärt. Weitere häufige Motive sind Drachen, Vögel und Zikaden. Pflanzen erscheinen im Repertoire der Shang- und Zhou-zeitlichen Bronzen nicht; Menschendarstellungen kommen höchst selten vor.
Die Bronzegefäße der Sammlung Klingenberg dienten vornehmlich dem Ahnenkult, wie den Inschriften auf einigen der Gefäße zu entnehmen ist. Als Symbole von Macht und Reichtum wurden sie oft dem Verstorbenen mit in das Grab gegeben, um ihm, wie im Leben, so auch im Tode zu dienen.
Die Sammlung Klingenberg zeichnet sich nicht allein durch die fachmännische Zusammenstellung - alle wichtigen Formen der Ritualbronzen sind mit vorzüglichen Beispielen vertreten -, sondern vor allem durch ihre hohe ästhetische Qualität und guten Erhaltungszustand aus.
Willibald Veit
Abbildung: ©Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Asiatische Kunst