Georg Flegel, Stillleben mit Vögeln, Insekten und Früchten, 1637

Museum der Bildenden Künste Leipzig

Georg Flegel gilt als Pionier der Stilllebenmalerei in Deutschland, der diese Gattung durch sein überragendes Talent auf ein bis dahin unerreichtes Niveau hob. Schon zu Lebzeiten waren seine Bilder gefragt und sehr rar, wie Joachim von Sandrart 1675 in der „Teutschen Academie“ überliefert. Sandrart berichtet, dass „alle Liebhabere sich beflißen, etwas von ihme zu erhalten, absonderlich die allda wohnende niderländische Nation, die seine Werke stark gesucht, also daß, obwolen er hurtig und geschwind in der Arbeit ware, er dannoch nicht alle contentiren und vergnügen können“ (zit. in W. J. Müller).

Als etwa 26-jähriger kam Georg Flegel um 1592/3 nach Frankfurt a.M., das in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch den Zustrom niederländischer Künstler, Handwerker und Kaufleute, die als Glaubensflüchtlinge ihre Heimat verlassen hatten, ein bedeutendes künstlerisches Zentrum geworden war. Flegel arbeitete hier zunächst als „Bildstaffierer“ in der Werkstatt Lucas van Valckenborchs, in dessen großformatige Bilder er stilllebenhafte Elemente, wie Blumen, Speisen, Früchte, Gemüse oder Tafelgerät, einsetzte. Nach dem Tod Valckenborchs machte er sich als Meister mit eigener Werkstatt selbständig und spezialisierte sich auf das Stillleben, das als Gattung diesen Namen noch nicht besaß. Aus der Schaffenszeit des Künstlers haben sich rund 65 Gemälde erhalten. Das Leipziger Bild, das sich bis 1990 unpubliziert in Privatbesitz befand, fasziniert durch die sensible Charakterisierung der Vögel sowie der diversen Früchte und Insekten, die von Flegels Naturbeobachtung zeugten. Allerdings arbeitete der Künstler hier nachweislich auch nach Kupferstichvorlagen und eigenen Musterblättern. Von besonderem Interesse ist der gedankliche Reichtum dieses Spätwerks, das Flegel ein Jahr vor seinem Tod schuf. Sinnbildhafte Hinweise erinnern an die Vergänglichkeit des Lebens und an den Tod als Voraussetzung für die Befreiung der menschlichen Seele – christliche Vorstellungen, die in der zeitgenössischen Emblematik mit dem Bild der Vögel verknüpft waren. Möglicherweise diente das Bild ursprünglich als Schmuck eines Kuriositätenkabinetts oder einer Sammlung von Naturalia mit Vögeln und mit Insekten wie Schmetterlingen und Käfern.

Jan Nicolaisen

Abbildung:

Stillleben mit Vögeln, Insekten und Früchten, Georg Flegel, 1637
©Museum der Bildenden Künste Leipzig