Georg Petel, Heilige Veronika, um 1620

Historisches Museum der Stadt Regensburg

Bei dieser Kleinplastik handelt es sich um einen Bozzetto, d. h. eine der Formfindung dienende und sich vom endgültigen Kunstwerk oft erheblich unterscheidende Entwurfsfassung. Als Werkstoff für derartige Modelle verwendete man vorwiegend leicht zu bearbeitendes Material wie Stuck oder Ton. Die heilige Veronika, gekleidet in antiker Manier, ist trotz des Standmotivs in Bewegung begriffen. Der Kontrapost wird überbetont, die rechte Hüfte deutlich zur Seite geschoben, während sie den Oberkörper nach links wendet, um das mit beiden Händen gefasste Schweißtuch zu präsentieren. Ihren Kopf, mit einer bemerkenswert detaillierten Ausformulierung der Gesichtszüge, hat sie in den Nacken gelegt und die Augen nach oben gerichtet, als könne sie den Anblick des in den Stoff eingebrannten Antlitzes Christi nicht ertragen. Akzentuiert werden der S-Schwung des Körpers und der Eindruck emotionaler Spannung durch die Gewanddraperie, welche die Bewegung nicht nur nach-, sondern überzeichnet. Eine derart expressive Darstellung der Veronika begegnet selten; meist verharrt die Heilige in stiller Pose, das Sudarium frontal vorhaltend. Deutlich ruhiger wirkt dagegen die vermutlich als ihr Gegenstück konzipierte Statuette der Maria Magdalena (Historisches Museum, Regensburg). Die Zuschreibung dieser beiden frühbarocken Terrakotten an den Weilheimer Georg Petel basiert auf einer stilkritischen Analyse, die neben als typisch deutsch geltenden Gestaltungsmodi auch flämische und insbesondere italienische Impulse aufdeckt. Aufgrund seiner Reisen nach Antwerpen, Paris und Rom gilt Petel als der einzige zeitgenössische deutsche Bildhauer, der über den hierfür notwendigen visuellen Erfahrungsschatz verfügte. Unabhängig von dieser Zuschreibung scheint ein Zusammenhang mit der Statue der heiligen Veronika im Petersdom (Francesco Mochi, ab 1629) möglich, deren Gestalt in formaler Hinsicht markante Parallelen zum Bozzetto aufweist.

Karin Geiger

 

Abbildung:

Georg Petel, Heilige Veronika, um 1620, Terrakotta, lasiert, 24,5 cm x 13 cm x 11 cm © Historisches Museum der Stadt Regensburg