Hausbuchmeister, Die Heilige Sippe 1490/1500
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Der nur mit Notnamen bekannte so genannte Hausbuchmeister zählt zu den bedeutendsten und faszinierendsten Künstlern des Spätmittelalters vor Dürer. Sein facettenreiches Werk zählt zu den spannendsten und schwierigsten Komplexen der deutschen Kunstgeschichte des Spätmittelalters. Die neben Zeichnungen, Stichen, Glasgemälden und Holzschnitten entstandenen, über verschiedene Museen verstreuten Tafelgemälde sind die wichtigsten Repräsentanten der mittelrheinischen Malerei zwischen den beiden künstlerischen Polen Basel/Straßburg und Köln. Die Gemälde entstammen einer wohl in Speyer anzusiedelnden Maler- und Glasmaler-Werkstatt, die auch für den Heidelberger Hof und den elitären Auftraggeberkreis um den Frühhumanisten Johann von Dalberg tätig waren. Neben dem Tafelgemälde einer Anbetung der Hirten vom Hausbuchmeister besitzt das Germanische Nationalmuseum eine 1499 datierte Stifterscheibe aus diesem Personenkreis.
Das neu erworbene, in der Speyerer Werkstatt des Hausbuchmeisters entstandene Gemälde ist eine wichtige Bereicherung der infolge verschiedener Kriege und Zerstörungen rudimentär überlieferten und im Germanischen Nationalmuseum nur schwach vertretenen mittelrheinischen Malerei. Im direkten Vergleich mit dem Gemälde der Anbetung der Hirten, einem jüngeren Tafelbild des Hausbuchmeister-Kreises, lässt sich das Spektrum und die verschiedenen Anteile von Meister und Gesellen innerhalb einer spätmittelalterlichen Werkstatt beispielhaft darstellen. Das seit den 1940er Jahren als verschollen geltende und deshalb im maßgeblichen Werkverzeichnis der Gemälde vor Dürer von Alfred Stange fehlende Gemälde ist ein großer Gewinn für die Erforschung der Malerei im Hausbuchmeister-Kreis: In zwei älteren Publikationen lediglich erwähnt, fehlt bislang eine wissenschaftliche Aufarbeitung und Einbettung in das lückenhafte Hausbuchmeister-Œuvre.
Auch ikonografisch ist das Gemälde eine wichtige Ergänzung der Sammlung: Es verkörpert den traditionellen Typus der im frühen 15. Jh. einsetzenden Darstellung der Hl. Sippe und bildet damit eine wichtige Vorstufe zum eigenwilligen Sippenaltar von Bernhard Strigel, der zu den populärsten und meist nachgefragten Werken des Museums zählt. Der Vergleich der beiden Werke macht nicht nur den Wandel einer Bildtradition deutlich, sondern zeigt – als Spiegel sich verändernder familiärer Verhältnisse vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit – auch neue gesellschaftliche Aspekte wie die Rolle der Familie in der Ausbildung der Kinder im Vorfeld der pädagogischen Bestrebungen der Lutherzeit.
Dr. Daniel Hess
Abbildung: