Helene Weigel und Bert Brecht finden wieder zusammen
Lenbachhaus, München
Der Ernst von Siemens Kunststiftung ist für das Münchner Lenbachhaus ein genialer Ankauf gelungen. In einer Auktion im vergangenen November konnte das Pendant zu dem berühmten Bertolt Brecht Porträt von Rudolf Schlichter, das sich bereits in der Sammlung befindet, erworben werden: Das Bildnis der Schauspielerin Helene Weigel, Brechts Theater-Partnerin und Frau. Helene Weigel (1900-1971) war mit Bertolt Brecht (1898-1956) maßgeblich an der Entwicklung des epischen Theaters beteiligt. Ab 1949 war sie Intendantin am Berliner Ensemble. Rudolf Schlichter war mit dem Paar befreundet und hatte Brecht mit Zigarre und in Lederjacke bereits 1926 portraitiert. Die komplementäre Komposition der Porträts und die fast identischen Figurenausschnitte sind bemerkenswert. Die beiden Bildnisse müssen als Doppelportrait des Künstlerpaares gesehen werden. Nun schließt das erworbene Gemälde aus dem Jahr 1928 eine Lücke der Sammlung und ermöglicht eine Zusammenschau. Trotz des in sich gekehrten Blicks Helene Weigels, vermittelt das Porträt die Intensität einer starken Persönlichkeit, einer modernen und selbstbewussten Frau, die das neue Selbstverständnis der Frau in der Weimarer Republik wiederspiegelt und die Frauengestalten in Brechts Stücken beeinflusste. Auf dem Bildnis ist Weigel als Schauspielerin in der Rolle der Kantinenbesitzerin Leokadja Begbick aus Brechts Lustspiel Mann ist Mann dargestellt. Auch die Provenienz des Gemäldes ist interessant. Es stammt aus dem Besitz des Schauspielers Alexander Granach, ein Freund des Ehepaares, der 1933 vor den Nationalsozialisten erst nach Russland, dann weiter in die Schweiz floh und 1938 nach Amerika emigrierte. Das Bild befand sich lange Zeit in Privatbesitz und war der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Als sich die Möglichkeit zum Ankauf des lange als verschollen geglaubten Gemäldes in einer Auktion anbot, hat die Ernst von Siemens Kunststiftung im Einvernehmen der Erben entschlossen und kurzfristig gehandelt. Nun wird das Porträt der großen Schauspielerin nach 90 Jahren wieder für die Öffentlichkeit sichtbar und kann zukünftig an der Seite Ihres Partners Brecht im Lenbachhaus betrachtet werden. Gemeinsam machen sie ein Stück deutscher Kulturgeschichte erfahrbar.
Abbildung: Rudolf Schlichter, Helene Weigel, 1928, Öl auf Leinwand, 83,5 cm x 60 cm Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München