6 Objekte ostasiatischer Kunst aus der Sammlung Klaus F. Naumann, 15. bis 19. Jahrhundert
Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz – Museum für Asiatische Kunst
Dieses Schirmpaar aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigt eine zeitgenössisch-aktualisierte Interpretation des Bildthemas des vorhergehenden Beispiels. Statt der üblichen würdig-älteren, männlichen chinesischen Gelehrten oder Knaben üben hier elegant gekleidete junge Damen die traditionellen vier edlen Künste aus. Sie lesen nicht nur eine Handrolle mit gelehrtem Text sondern sehen auch einem attraktiven Maler und seinem Assistenten bei der Arbeit zu und delektieren sich an einem Gemälde, das einen feschen jungen Mann abbildet.
Die Idee, das klassische Thema mit weiblichen Figuren zu illustrieren, hat erstmals der Maler Kaihō Yūshō (1533-1615) realisiert. Während Yūshō die Frauen aber noch in traditioneller chinesischer Kleidung abbildete, zeigt der Maler dieses Schirmpaares modisch herausgeputzte Japanerinnen seiner Zeit. Ihre Frisuren und Kleidungsstoffe deuten auf eine Entstehung zwischen 1751 und 1772. Der Maler der Schirme, der seinen Namen nur in Form eines zurückhaltenden runden Siegels hinterließ, ist nicht identifiziert. Auch sind bisher keine anderen Werke von seiner Hand bekannt. Solche modisch-mokanten Variationen klassischer Bildthemen erlebten im Japan des 18. Jahrhunderts vor dem Hintergrund des zunehmenden Zugangs breiter Bevölkerungskreise zum Bildungskanon in der Graphik und Malerei eine Blüte. Jedoch sind weltweit nur wenige Beispiele im Stellschirmformat überliefert. Obgleich der Maler bisher biographisch nicht fassbar ist, markiert dieses humorvoll-elegante Werk einen Höhepunkt der Malerei jener Zeit.
Dr. Alexander Hofmann