Illustrierte Handschrift der Kemptener Chronik, um 1499, erworben
Bayerische Staatsbibliothek München
Diese Handschrift der sogenannten Kemptener Chronik trägt den Titel Stifftung des Gotzhaus Kempten und Sant Hyltgarten Leben und ist auf das Jahr 1499 datiert. Sie wurde von Johannes Birk von Biberach verfasst, der die Stiftsschule der altehrwürdigen Benediktinerabtei Kempten leitete, die bereits im 8. Jahrhundert von Karl dem Großen und seiner Frau Hildegard gegründet worden war. Die Chronik schildert ausführlich das Leben der hochrangigen Stifter und die Geschichte der Abtei. Behandelt werden die Klostergründung, die Privilegien Karls des Großen für das Kloster, die Heiltümer (Reliquien) des Klosters, die Translation der Märtyrerreliquien von Gordian und Epimach, die verliehenen Ablässe. Breiten Raum nimmt die Schilderung der auf Fürsprache Hildegards, einer großen Wohltäterin des Klosters, bewirkten Wunder ein. Am Schluss wird die sagenhafte Geschichte des Ritters Heinrich von Kempten erzählt. Die Handschrift wurde wohl in Kempten von Petrus Brack von Minderdorff geschrieben. Der Codex befand sich bis 1802 im Besitz der Abtei Kempten, danach in Privatbesitz. Heute sind insgesamt fünf Handschriften der Kemptener Chronik bekannt. Zwei nichtillustrierte sind ebenfalls im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek: Cgm 9280, die sogenannte Krelersche Handschrift, 1506 geschrieben, 2001 erworben, leidet unter starkem Tintenfraß; Cgm 5819, die älteste, 1479 geschriebene Handschrift, wurde bislang von der Forschung kaum beachtet. Die jetzt am 7. Juli 2010 in der Auktion bei Christie‘s in London ersteigerte Handschrift ist als einzige mit 59 ausdrucksstarken, kolorierten Federzeichnungen versehen. Der Kodex begegnete der Bayerischen Staatsbibliothek bei der von Christie‘s anlässlich des Umzugs in die neuen Geschäftsräume an der Arcisstraße organisierten Präsentation bereits zum zweiten Mal. Etwa fünf Jahre vorher war er ihr aus Privatbesitz für einen weit höheren Preis angeboten worden. Im Juli 2010 gelang der Ankauf dieses für die Geschichte Kemptens so wichtigen und aufgrund seiner Illuminierungen für die weitere Erforschung der deutschen Buchmalerei des 15. Jahrhunderts bedeutsamen Bavaricums für die Bayerische Staatsbibliothek. Der Codex erhielt die Signatur Cgm 9470 (Codex germanicus monacensis). Alle drei Kemptener Chroniken werden digitalisiert und über das Internet bereitgestellt. Im Sommer 2011 ist eine Präsentation der Neuerwerbung für die Öffentlichkeit geplant. Dr. Claudia Fabian
Abbildung:
Illustrierte Handschrift der Kemptener Chronik, um 1499, 30,3 cm x 20,2 cm © Bayerische Staatsbibliothek München