J. A. Silbermann Reisetagebuch von 1741
Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)
Vom 21. Februar bis 21. Juni 1741 bereiste der Straßburger Orgelbauer Johann Andreas Silbermann die mitteldeutsche Heimat seiner Familie und hielt sich für längere Zeit in Zittau, Dresden und Berlin auf. Seine Erlebnisse hielt er in einem Reisetagebuch fest, dessen etwa 300 autographe Seiten er um 50 Kupferstiche und andere gedruckte Informationen ergänzte und unter dem Titel Anmerckungen derer Auf meiner Sächsischen Reysse gesehenen Merckwürdigkeiten zusammenband. Das Tagebuch, das im Herbst 2014 aus Privatbesitz zur Versteigerung gelangte, kündet von einem äußerst vielseitig interessierten Menschen, der nicht nur als Instrumentenbauer, sondern auch als Historiker, Publizist, Zeichner und Sammler wirkte. Inhaltlich verrät das Reisejournal den aufmerksam beobachtenden Universalgelehrten und auch stilistisch zieht es den Leser in seinen Bann: lebendig schildert der reisende Erzähler Erlebnisse und Geschichten, und wo Worte nicht ausreichten, ergänzte er durch eigene Zeichnungen und Kupferstiche. Mit Begeisterung und viel Liebe zum Detail beschreibt er besuchte Baudenkmäler, Kirchen, Museen, Gärten – so z.B. einen Besuch im Dresdner Grünen Gewölbe, etliche Exponate in den Kuriositätenkabinetten, Waffenkammern, Münzsammlungen und Bibliotheken Zittaus, Dresdens und Berlins oder die Wittenberger Cranach-Kunstwerke. Über dieses Lesevergnügen hinaus reizt das Tagebuch zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Inhalten wie mit seiner Anlage: der Diskussion um Fragen nach der Funktion von Reisen und Reisebeschreibungen im 18. Jahrhundert vermag es ebenso neue Impulse zu geben wie es etliche Belege zur Kultur der Zeit enthält, die nicht nur die Kunst-, Musik- und Kulturwissenschaft interessieren wird, sondern auch die Ethnologie oder Regionalgeschichte. Dank der Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung konnte die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) die facettenreiche und anregende Handschrift erwerben und im Rahmen ihrer digitalen Kollektion der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Katrin Bicher