Jiři Kolář, 15 Collagen, 1959/1962
Neues Museum – Staatliches Museum für Kunst und Design in Nürnberg
Jiří Kolář war ein Grenzgänger zwischen Literatur und bildender Kunst. Die Collage, wie sie von den Kubisten, Dadaisten und Surrealisten geprägt worden war, hat der tschechische Künstler in verschiedenste Richtungen fortentwickelt. Je nach Ausgangsmaterial und Technik unterschied er „Rollagen“, „Prollagen“, „Chiasmagen“ und andere Formen. Eine besondere Technik bilden die sogenannten Strafikationen, die mit den Décollagen Wolf Vostells und der französischen Affichisten entfernt verwandt sind. Der Begriff „Stratifikation“, der in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen Verwendung findet, ist vom lateinischen Wort für Decke, stratum, abgeleitet und meint eine Schichtung. Jiří Kolářs ästhetisches Verfahren kehrt die Collage um: Unterschiedliche Bildelemente werden nicht zusammengefügt, sondern das Bild entsteht durch das partielle Entfernen von zuvor übereinander geklebten Schichten mit dem Skalpell. Institut der Träume von 1959 ist ein besonders schönes Beispiel für diese Technik, die hier zu ausgesprochen malerischen Effekten gesteigert ist. Schon der Titel verrät, dass Kolář die aufgebrochenen Schichtungen in Analogie zu den Überlagerungen von Traum und Realität und zu den Sedimentierungen der Erinnerung setzt: „Ich hatte (…) den Eindruck, aus verschiedenen Schichten zu bestehen. Die Schichten der Jahre, der Monate und Tage, die Schichten der Begegnungen, Eindrücke, Ereignisse etc.“ Andererseits schlägt der Künstler eine Lesart vor, die das Bild in die Nähe von Phänomenen der Natur rückt: „Ich ging in Steinbrüche, und ich versuchte, die Schichten der Erde zu durchdringen, ich studierte die Querschnitte und die Stellen, die das Wasser ausgehöhlt hatte, ich suchte Böschungen, Anschwemmungen, Vertiefungen…“.
Institut der Träume stammt aus einem Konvolut von insgesamt 31 Papierarbeiten Jiří Kolářs, von denen die Ernst von Siemens Kunststiftung 2013 15 Blätter aus den Jahren 1959 bis 1962 für das Neue Museum in Nürnberg erworben hat. Die restlichen 16 Arbeiten hat das Museum selbst erstanden. Die Collagen sind durchweg von höchster Qualität und runden die gut bestückte Nürnberger Sammlung mit Werken des Prager Künstlers ab.
Dr. Thomas Heyden
Abbildung:
Jiři Kolář (1914-2002), Collage Institut der Träume 1959, 27,5 cm x 19,3 cm signiert und datiert "JK 59".
© Neues Museum – Staatliches Museum für Kunst und Design in Nürnberg