Johann Heiss, Bildhauerwerkstatt 1676
Barockgalerie, Memmingen
Die Bildhauerwerkstatt spielt vordergründig genrehaft auf ein Thema an, das für die Zeitgenossen von programmatischem Gewicht war und mit dessen Darstellung in einer Reihe von Allegorien Johann Heiss einer breiteren Öffentlichkeit bekannt ist: Akademien als Orte der aktuellen Neupositionierung des Künstlers außerhalb des Handwerks durch die qualifizierte akademische Ausbildung. Heiss reflektiert dabei auf der Grundlage der seinerzeit in Europa diskutierten Kunsttheorien das Selbstverständnis der Augsburger Künstler im ausgehenden 17. Jahrhundert.
Für die Aufschlüsselung des komplexen Bildinhaltes sind neben den Skulpturen des Apoll von Belvedere und der Venus pudica die Gemmen von Bedeutung, die dem Meister zur Begutachtung vorgelegt werden. Heiss ist dem Gedanken der Vorbildlichkeit der Antike verpflichtet und erachtet in der künstlerischen Ausbildung das Studium antiker Bildwerke als unabdingbar. Zu den stilbildenden Vorlagen gehörten neben Monumenten wie den gezeigten auch Kleinkunstwerke wie Gemmen, die in Miniaturform originalnah die Welt der antiken Götter, Heroen und Menschen reproduzieren.
Die Bildhauerwerkstatt steht in unmittelbarem Bezug zu der ab 1670 ins Leben gerufenen Augsburger Kunstakademie, die wie andernorts in Europa angehenden Künstlern als Ausbildungsstätte diente. Gleichzeitig vermittelt sie mit den zahlreichen Werkstattbesuchern einen Eindruck von der intensiven Kommunikation, die sich im Rahmen der öffentlichen Akademien zwischen Kunstproduzenten und den Eliten der Zeit entwickelte, die als Auftraggeber und Sammler solcher Darstellungen fungierten.
Dr. Peter Königfeld
Abbildung: