Józef Szajna, Reminiszenzen, 1969

Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

Das 1970 auf der Biennale in Venedig gezeigte Environment Reminiszenzen des polnischen Künstlers Józef Szajna gilt heute als ein Hauptwerk der bildkünstlerischen Auseinander-setzung mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust. Es ist in seiner Ästhetik wegweisend und ein herausragendes Zeugnis der polnischen Avantgarde.

Noch in Venedig erstand die Sammlerin Gertrud Johnssen die Arbeit, seit 1998 wurde sie als Leihgabe im Kunstmuseum der Gedenkstätte Buchenwald gezeigt. Józef Szajna hat das Environment noch mit eigener Hand eingerichtet. Als das Werk an Interessenten in den USA verkauft werden sollte, konnte es nun in einer Zusammenarbeit verschiedener Institutionen in Deutschland gehalten werden. Das Environment nimmt Bezug auf die Ermordung von 169 Professoren und Absolventen der Kunstakademie Krakau in Auschwitz, die Teil der „Ausmerzung“ der polnischen Intelligenz durch die Nationalsozialisten war.  

Józef Szajna wurde 1922 im ostpolnischen Rzeszów geboren, wo ihm heute ein eigenes großes Museum gewidmet ist. 1940 als Widerstandskämpfer von den Deutschen verhaftet, wurde er in das KZ Auschwitz verbracht. Später musste er in einem Buchenwalder Außenlager für die Junkers-Flugzeugwerke Zwangsarbeit leisten. Hier entstanden erste heimliche Bildwerke, die in ihrer Kunst, konkret und abstrakt zugleich zu sein, spätere Werke vorwegnehmen. 1947 kehrt Szajna nach Polen zurück und studiert Grafik und Bühnenbild an der Kunstakademie Krakau, wird Theaterdirektor und Regisseur in Nowa Huta und in Warschau.

Bereits Ende der 1950er Jahre erregt Józef Szajna mit seinen eigenwilligen Inszenierungen Aufsehen, in denen er kompromisslos plastische Arbeiten und Theater miteinander verschmolz und die Sehgewohnheiten des Publikums herausforderte: Er erfand die Performance. Heute gilt er als einer der Gründerväter des performativen Theaters bzw. des Autorentheaters. Sein Stück „Replika“, das auf die Reminiszenzen folgt, wird weltweit wahrgenommen. Aus Protest gegen das 1982 eingeführte Kriegsrecht in Polen legt er alle seine Ämter nieder und gibt seine Titel und staatlichen Auszeichnungen zurück. Nach 1990 folgen zahlreiche Ausstellungen und weitere Inszenierungen von Warschau über Berlin bis Mexiko oder Japan.

Rikola-Gunnar Lüttgenau

Abbildung:
Józef Szajna (1922-2008),
Environment
Installation aus Holz, Metall, Leder und weiterem Material,
140 qm