Kalvarienberg, um 1490
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Dank ebenso großzügiger wie spontaner Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder und der Rudolf-August Oetker Stiftung für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Denkmalpflege konnte das Germanische Nationalmuseum ein nahezu unbekanntes Tafelgemälde erwerben, das um 1490 in Nürnberg oder Bamberg entstanden ist und einen figurenreichen Kalvarienberg zeigt. Das der Forschung bislang nicht zugängliche Werk knüpft in zahlreichen Motiven an die Schlüsselwerke Hans Pleydenwurffs an und schafft mit Motiven wie der Hintergrundlandschaft und der subtilen Malweise die Voraussetzungen für die neue, innovative Malerei des jungen Dürer. Insofern überrascht es wenig, dass das Gemälde bis 1912 als Frühwerk Dürers galt und dessen Monogramm trug. Das Tafelbild stammt aus dem Umkreis des Bamberger Malers Wolfgang Katzheimer und verbindet die expressive und monumentale Kunst der Bamberger Malerei in der Nachfolge Pleydenwurffs mit Elementen der niederländischer Feinmalerei und Landschaftskunst bei großem Figurenreichtum und subtiler Malkunst.
Der Nürnberger Kalvarienberg ist eine zentrale Ergänzung der Gemäldesammlung des Germanischen Nationalmuseums, in der zwischen dem Werk von Hans Pleydenwurff und dem jungen Albrecht Dürer eine empfindliche Lücke klaffte, nachdem das Museum 1961 den Hersbrucker Altar und im Laufe der 1960er Jahre auch Werke aus der Sammlung der Nürnberger Patrizier Tucher aus der Zeit um 1480/90 wieder abgeben musste. Auch die Provenienz spricht für einen Erwerb durch das Germanische Nationalmuseum, da sich die Tafel im Besitz des bedeutenden Nürnberger Verlegers und Kunstschriftstellers Friedrich Campe (1777-1846) befand und von dort im 19. Jahrhundert nach England gelangte, wo sie sich bis zur Versteigerung 1972 und ihrem Erwerb durch Dr. Gustav Rau in Privatbesitz befand. Mit dem Erwerb konnte ein bedeutendes Gemälde aus der Zeit von Dürers Jugendjahren wieder an seinen Ursprungsort zurückkehren.
Dr. Daniel Hess