Karl Schmidt-Rottluff, Gartenstraße, 1906
Kunstsammlungen Chemnitz
1905 ist das Gründungsjahr der Künstlergruppe „Brücke“. Eines der maßgeblichsten Mitglieder war der in Chemnitz-Rottluff geborene Karl Schmidt-Rottluff. Befreundet mit Erich Heckel und beeinflusst von Vincent van Gogh, Emil Nolde und Edvard Munch, fand er dass das vielschichtige Wort „Brücke“, zwar kein Programm bedeute, aber gewissermaßen von einem Ufer zum anderen führe. „Wovon wir weg mußten, war uns klar – wohin wir kommen würden, stand allerdings weniger fest.“
Das in dieser Aufbruchszeit entstandene Gemälde „Gartenstraße“ zeigt eindrucksvoll wohin der Weg führen sollte. Gerade im Vergleich mit bis etwa 1904 entstandenen Werken wird die Kühnheit der neuen bildnerischen Auffassung des 22-Jährigen deutlich. Es findet eine vehemente Auseinandersetzung mit den bisher geltenden künstlerischen Normen statt.
Die Manier der fein abgestuften Farben und gegenstandsbeschreibenden Konturen werden durch geometrische Formen, wie etwa das spitz zulaufende Dreieck oder quadratisch angelegte Flächen, ersetzt. Aufgepeitscht durch überwiegend ungemischte Farben von hoher Leuchtkraft, die mehr wie mit Pinsel-Hieben als mit Pinsel-Strichen aufgetragen wirken, zeigt das Bild „Gartenstaße“ eine experimentelle Energie, die sowohl Künstlerkollegen, wie auch Kunstliebhaber mitriss und den deutschen Expressionismus mitbegründete. Zum 100-jährigen Bestehen unseres Museumsgebäudes und zum 125. Geburtstag des Künstlers kann man sich kein schöneres Geschenk wünschen.
Ingrid Mössinger