Kopf eines jungen Mannes

Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München

Der jugendliche Kopf entstand in einer griechischen Werkstatt im 1. Jahrhundert v. Chr., also zum Ende des sogenannten Hellenismus. In dieser Stilphase griffen Künstler auf künstlerischer Elemente vergangener Zeiten zurück, um diese mit den neuen Errungenschaften zusammenzuführen.

Der Kopf war einzeln gearbeitet und ehemals in einer etwa lebensgroßen Statue eingesetzt. Die originale Oberfläche hat sich in weiten Bereichen in seltener Schönheit erhalten. Das Haar ist lebendig und dabei sehr feinteilig gearbeitet. Die Schichtung der Locken, insbesondere die Form der Haarspinne stellen ein Zitat aus dem Werk des berühmten Bildhauers Polyklet (5. Jh. v. Chr.) dar, doch im Gesichtsaufbau mischt sich die Strenge der Hochklassik mit dem Schmelz und Sentiment des 4. Jahrhunderts. In den fein modellierten und ausdrucksstarken Gesichtszügen überlagern sich idealisierte und persönliche Züge. Es ist, als habe man in die überkommene Bildfassung eines jugendlichen Gottes die Porträtzüge eines Sterblichen eingefügt.

Auf dem Oberkopf findet sich im Haar eine flache, ursprüngliche Abarbeitung. Die Annahme ist verführerisch, hier ein kleines Flügelpaar zu ergänzen, das getrennt aus Marmor gearbeitet und mit Kitt befestigt war. Diese Flügelchen finden sich an Statuen des Hermes, dem Gott der Händler, der Reisenden, aber auch der Diebe. Es sei die - vorläufige - These gewagt, in dem jugendlichen Kopf die beabsichtigte Verschmelzung eines reichen Händlers mit dem Bild des Hermes, also dem Schutzgott der eigenen Zunft, zu sehen.

 

Kopf eines jungen Mannes
griechisch, 1. Jh. v. Chr.
Parischer Marmor, 36 cm hoch
Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München

Foto: Renate Kühling