Lavabo von August Hosse für Sammlung Moritzburg
Kunstmuseum Moritzburg
Das Handwaschservice fertigte der bekannteste hallesche Goldschmied, August Hosse, der von 1684 bis 1732 in der Saalestadt als Meister wirkte. Er arbeitete für Auftraggeber in ganz Europa. Berühmt sind vor allem seine mit getriebenen Szenen geschmückten Humpen, doch fertigte er auch Thoraschilde oder reliefplastische Bibeleinbände. Das elegante Lavabo steht singulär in seinem bekannten Œuvre.
Es ist ein besonderes Zeugnis für die kreative Wandelfähigkeit des Künstlers, der sich in der Blüte seines Schaffens neuen stilistischen Entwicklungen nicht nur öffnete, sondern sie auch mitgestaltete. Es belegt die Hinwendung zum Régence-Stil. Die Form der Helmkanne und der gekehlte Rand des Beckens wurden nach 1700 entwickelt. Die große Mehrzahl der überlieferten Garnituren stammt aus Augsburg. Aus Mitteldeutschland ist diese Form bisher nur in diesem Werk Hosses belegt.
In Berlin wurde sie erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts gearbeitet. Die ausgewogenen Proportionen der Teile des Service folgen Augsburger Vorbildern aus den
1720 – 30er Jahren. Der maßvoll gravierte Dekor ist gekonnt und stimmig ausgeführt.
Ursprünglich dienten Lavabo-Garnituren der rituellen Reinigung der Vasa Sacra und der Fingerspitzen des Priesters in der Messe beziehungsweise auch als Taufgeschirr. In derselben Funktion zierten sie im profanen Bereich die festliche Tafel für repräsentative Gastmahle. Das Lavabo August Hosses ist ein besonderes Glanzstück aus einer Zeit, in der sich insbesondere die bürgerliche Kultur in der Stadt Halle (Saale) durch die prosperierende königliche Saline, die Anziehungskraft der modernen Universität und die einflussreichen Frankeschen Stiftungen, aber auch durch die Unabhängigkeit von der Autorität einer barocken Residenz besonders innovativ entwickelte. Damit spiegelt das Lavabo den u. a. von Christian Wolff verkörperten Geist der Aufklärung.
Die Gebrauchsform der Kanne mit Becken als Toilettengarnitur war bisher in der Sammlung des Museums noch nicht belegt, das sich seit 1912 kontinuierlich um die Sammlung der einheimischen Goldschmiedekunst bemüht. Das Lavabo erweitert den Museumsbestand um ein Glanzstück erster Qualität, von dem neue Forschungs-anregungen ausgehen.
Ulf Dräger
Abbildung: August Hosse (1657 – 1732): Lavabo Garnitur bestehend aus Kanne und Becken. Silber
Kanne:
H. 19.9 cm
Becken:
44,5 cm × 33,5 cm × 4,2 cm
Markung: Meistermarke AH