Leipziger Möbel, 18. und 19. Jh

Grassi Museum für Angewandte Kunst, Leipzig

Friedrich Gottlob Hoffmann, Kommode, um 1785/1790 und Anonymer Meister, Großer Leipziger Kleiderschrank etwa 1801/1825

Friedrich Gottlob Hoffmann bot als erster Kunsttischler im deutschsprachigen Raum seine Möbel in illustrierten Warenkatalogen an. Darin war jedes Möbel beschrieben, in verschiedenen Ansichten dargestellt und nummeriert, sodass potenzielle Kunden problemlos und schnell die gewünschten Möbel bestellen konnten. Der erste 1789 von Hoffmann publizierte Katalog zeigt unter Abbildung 30 ein zu unserer Kommode nahezu identisches Möbel: es besitzt ebenfalls drei Schübe, hohe vierkantige Beine, übereck gestellte Halbsäulen mit korinthischen Kapitellen und vergleichbare Beschläge. Die Kommode, eine typische Arbeit der Hoffmannschen Werkstatt, besitzt eine rötliche Stuckmarmorplatte (Scagliola) mit gelblichem Rand, die wohl antike Porphyrplatten nachahmen soll. Sie ist in die Kommode eingelassen und wird von Mahagonifurnier umgeben. Mit größter Wahrscheinlichkeit stammt diese Platte aus der Manufaktur des berühmten Leipziger Kunsthändlers Carl Christian Heinrich Rost (1742–1798), der neben Gipsabgüssen antiker Skulpturen und Büsten auch Platten aus Stuckmarmor für Möbel herstellen ließ. Seit ca. 1780 arbeitete Hoffmann mit Rost zusammen, indem er Möbel für ihn anfertigte, die dieser überregional vertrieb.

Die Leipziger Tischlerinnung führte im Jahr 1801 zwei neue Meisterstücke ein – die angehenden Meister konnten wahlweise einen aktualisierten Entwurf des schon lange gültigen Kleiderschrankes oder einen Sekretär in klassizistischer Form anfertigen. Dabei mussten sie sich streng an die von der Innung vorgegebenen Musterzeichnungen halten. Abweichungen von diesen Vorlagen waren lediglich bei den Verzierungen und der Gestaltung des Sekretärs gestattet. Es waren folglich weniger gestalterische Fähigkeiten gefragt, sondern die handwerklich korrekte Umsetzung der vorgegebenen Zeichnungen. Im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig haben sich glücklicherweise Vorlagenblätter der Innung erhalten, darunter auch solche für diesen Kleiderschrank. Ein Vergleich des Möbels mit der Zeichnung verdeutlicht, dass dieses sowohl im Aufriss der Fassade als auch in der Konstruktion vollkommen dem Entwurf entspricht. Nicht nur die Qualität der handwerklichen Ausführung des repräsentativen Schrankes ist bemerkenswert, sondern auch sein ungewöhnlich guter Erhaltungszustand. Die Sammlung an sächsischen Möbeln im GRASSI Museum für Angewandte Kunst wird durch die Erwerbung des Schrankes auf das Vorzüglichste bereichert.

Dr. Thomas Rudi

Abbildungen:
1 Friedrich Gottlob Hoffmann (vor 1770 – nach 1806)
Kommode mit Scagliola-Platte
Ahorn, gefärbt in zwei Tönen und eingelegt mit farbigen Hölzern
Rosenholz, Blindholz: Nadelholz; Beschläge (teilweise vergoldet):
Bronze, gegossen, Gelbguss;
Zugringe mit emaillierten Grundplatten, Eisenschlösser
H. 82 cm, B. 89,5 cm, T. 58 cm

2 Anonymer Meister
Kleiderschrank
Furnier: Kirschbaum; Blindholz:
Kiefer, Eiche; Schloss, Riegel und Fitschen: Eisen
H. 251 cm, B. 190 cm, T. 74 cm

© GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig