Marcel Breuer und Gunta Stölzl, Afrikanischer Stuhl, 1921
Museum für Gestaltung, Berlin
Der so genannte Afrikanische Stuhl wurde 1921 in der Anfangszeit des Bauhauses als Einzelstück von Marcel Breuer in Zusammenarbeit mit der Weberin Gunta Stölzl geschaffen. Das thronartige Möbel aus bemaltem Eichenholz und farbiger Textilbespannung ist das erste Werk Breuers, der später mit seinen Stahlrohrmöbeln Design-Geschichte schrieb.
Bei dem „Afrikanischen Stuhl“ handelt es sich um ein Stuhlobjekt mit fünf Beinen, die an einer kreisrunden Sitzplatte mit deutlich sichtbaren Pflöcken befestigt sind. Alle Holzteile sind in unterschiedlicher Streifenbreite in Rot, Blau und Gold bemalt, die runde Sitzfläche jeweils exakt hälftig mit Rot und Blau. Auf ihr liegt ein quadratisches Kissen mit einer der Lehne ähnlichen Webarbeit in Gobelintechnik.
Über die ursprüngliche Nutzung zur Entstehungszeit des Stuhls lassen sich verschiedene Verwendungszwecke vermuten, eine konkrete Aussage seiner Schöpfer gibt es jedoch nicht. So kann das Möbel als „Thron“ für den Bauhaus-Direktor Walter Gropius gedient haben, in seiner von ihm formulierten Rolle als Meister einer Bauloge. Die thronartige Gestaltung könnte zudem auf die in der klassischen Architekturtheorie zu findende Vorstellung der Architektur als der Mutter aller Künste verweisen, mit dem Architekten als Anführer und Organisator. Vielleicht sollte das Möbel auch als eine Art Hochzeitsstuhl der damals engen Beziehung von Breuer und Stölzl Ausdruck verleihen.
Wie kein anderes Werk verleiht der „Afrikanische Stuhl“ der vielschichtigen Gedankenwelt des frühen Bauhauses bildhafte Gestalt. Mit der ab 1923 formulierten Maxime „Kunst und Technik – eine neue Einheit“ wird der „Afrikanische Stuhl“ dann zum Symbol für die „romantische Phase“ der Bauhaus-Geschichte, die man hinter sich gelassen hatte. Das ungewöhnliche Möbel galt als seit rund 80 Jahren verschollen und konnte nun für das Bauhaus-Archiv erworben werden.
Christian Wolsdorff
Abbildungen: