Meister von Frankfurt, Anna Selbdritt-Triptychon, um 1510
Kunsthalle Karlsruhe
Das bis auf das Rahmenwerk vollständig erhaltene Triptychon diente der Verehrung der Hl. Anna Selbdritt. An Festtagen erblickte der Betrachter auf der Mitteltafel des geöffneten Triptychons die Hl. Anna und ihre Tochter Maria, rechts und links des Jesuskindes, auf einer Rasenbank sitzend. Hinter dieser Dreiergruppe halten zwei Engel ein Tuch, das einer hohen Rücklehne gleicht. Über dem Kind, dessen Kopf das Zentrum der Komposition bildet, schwebt in einem Strahlenkranz die Taube des Heiligen Geistes. Darüber im Himmel erscheint vor goldenem Grund die Halbfigur Gottvaters. Die Trinität ist so in dreierlei Gestalt und in senkrechter Achse übereinander angeordnet. Auf den Seitenflügeln sind stehend die wie Hofdamen gekleideten Märtyrerinnen Katharina und Barbara wiedergegeben. Sie halten gleich Maria geöffnete Bücher in den Händen, über deren heilige Texte sie nachzusinnen scheinen.
Die geschlossenen Flügel zeigen eine Verkündigung. In illusionistischer Grisaille-Malerei ausgeführt, wirken der Verkündigungsengel und die Jungfrau Maria wie hell gefasste Reliefplastiken vor rotbraunen Marmorgründen. Auf den bewegten Schriftbändern ist der lateinische Wortlaut des Englischen Grußes und der Antwort Mariens aus der Vulgata (Lukas 1, 28 und 38) zu lesen.
Das Retabel ist von hoher künstlerischer Qualität und ein Werk des zwischen 1480 und 1525 in Antwerpen tätigen sog. Meisters von Frankfurt, eines noch nicht identifizierten flämischen Hauptmeisters der Dürerzeit, und seiner Werkstatt. Kennzeichen seiner Kunst sind nicht nur die Gesamtanlage des Triptychons mit ihrer ideal gestimmten, feierlichen Stille der heiligen Versammlung. Auch die Körperlichkeit und Kopftypen der weiblichen Heiligen in ihren höfischen Trachten sowie die weiche Modellierung der fülligen Manteltücher und die Muster der funkelnden Goldbrokate der Kleider sind untrügliche Erkennungszeichen des Meisters und seiner Werkstatt. Hinzu kommt die leuchtende Farbigkeit und detaillierte Wiedergabe der Vegetation.
Das Triptychon gehört zum ältesten Sammlungsgut der Markgrafen von Baden-Durlach, in deren Besitz es sich bis 1808 befand.
Dietmar Lüdke
Abbildung: