Münzschatz von Obing, 1056-1120/30
Staatliche Münzsammlung, München
Der Münzschatz von Obing, 1056 bis 1120/30
Der Schatzfund von Obing (Lkr. Traunstein), der im Jahr 2000 nördlich des Chiemsees entdeckt wurde, ist schon aufgrund seiner frühen Zeitstellung um das Ende des 11. Jahrhundert eine Sensation. Dazu brachte er zahlreiche unbekannte bayerische Münztypen zu Tage. Als Träger von Bild und Schrift legen die kleinen Silberpfennige heute Zeugnis ab von den in der Forschung vieldiskutierten künstlerischen und politischen Wandlungen der salischen Epoche.
So verdeutlichen die zuvor unbekannten Gepräge des Regensburger Bischofs Otto von Riedenburg (1061-1089) das Erstarken der bischöflichen Macht in Regensburg unter Heinrich IV. (1056-1106) und damit verbunden die gesteigerte Bedeutung bischöflicher Insignien: Zum ersten Mal wird auf einer bayerischen Münze ein Bischof mit Stab und Buch dargestellt. Da Bischof Otto die Insignien vom König und nicht vom Papst selbst verliehen worden waren, handelt es sich hier um eine politische Stellungnahme des Bischofs innerhalb des Streits zwischen regnum und sacerdotium, zwischen König und Papst um die Vorrangstellung im Reich.
Von besonderem Interesse ist ein neuer Pfennig Regensburgs der Zeit um 1120/30 mit Bischofsbrustbild auf der Vorderseite. Der tonsurierte Geistliche hält seine rechte Hand vor der Brust, in seiner Linken trägt er einen menschlichen Kopf. Womöglich handelt es sich um die früheste bekannte Darstellung des Hl. Dionysius auf einer Münze und damit um ein weiteres Zeugnis für den Dionysiuskult im Regensburger Bistum. Etwa seit der Mitte des 11. Jahrhunderts behauptete die Klostergemeinschaft von St. Emmeram, im Besitz der Gebeine des Märtyrers zu sein, des Patrons des bedeutenden Klosters Saint-Denis bei Paris und eines der namhaftesten Heiligen der Zeit.
Der „Dionysiuspfennig“ reiht sich in eine Gruppe von Regensburger Denaren, die auf ihrer Rückseite einen Löwenkampf zeigen. Ein besonders schönes Exemplar aus dem Obinger Hort lässt einen Mann in antikisierender Tracht neben einer Pflanze erkennen. Hoch erhoben hat er ein Schwert, mit dem er gegen den anspringenden Löwen kämpft. Es ist der Kampf des Herkules gegen den nemeischen Löwen. Ähnliche Motive finden sich auf romanischen Bronzeschalen oder Spielsteinen und zeugen von der großen Beliebtheit des antiken Erzählstoffs im 12. Jahrhundert. Dass die Heldenerzählung sogar den Alltag der Menschen erreichen konnte, beweisen die Regensburger Münzen anschaulich. Zudem wird der starke Wandel deutlich, den die bayerische Münzprägung innerhalb kurzer Zeit erfuhr. Gleichförmige Herrscherdarstellungen mit lesbaren Legenden werden um 1120 abgelöst von anspruchsvollen, erzählenden Szenen, die sich mehr auf die Herrschertugenden als auf den Münzherren selbst beziehen.
Aufgrund seiner Bedeutung wurde der Schatz von Obing in die Liste der beweglichen Bodendenkmäler Bayerns aufgenommen. Dass dieses Bayerische Denkmal nun durch den Ankauf dauerhaft der Forschung wie der breiteren Öffentlichkeit in der Sammlung und Ausstellung der Staatlichen Münzsammlung zugänglich gemacht werden kann, ist ein außerordentlicher Glücksfall..
Alexandra Hylla
Staatliche Münzsammlung München
Abb.: Ausschnitt aus der Münzmenge des Schatzfundes, rechts im Vordergrund der Regensburger „Herkulespfennig“