Neuerwerbung der "Straßenszene" Jacobus Vrels schließt eine Sammlungslücke in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung

Bayerische Staatsgemäldesammlung, München

Innerhalb des kleinen, vor allem aus Interieurszenen und Stadtan­sichten bestehenden Œuvres von Jacobus Vrel kommt der "Straßenszene" eine besondere Bedeutung zu. Mit der großen Anzahl dicht aneinander gereihter, hoch aufragender und verschachtelter Häuser entlang einer kopfsteingepflasterten engen Gasse ist dieses Werk als Vrels komplexeste Architektur­kulisse anzusehen. Das Bild vereint alle für den Maler charakteristischen Motive, wie die unter den Vordächern platzier­ten steinernen Stelen (Beischlagwangen), die extrem schmalen, weiß getünchten Fensteröffnungen, der lange, spiralförmig blau-weiß gestreifte „Kapperspaal“ (Barbierpfosten) sowie die Auslage der stets wiederkehrenden Bäckerei. Das scheinbar typische Beispiel hollän­discher Barockmalerei unterscheidet sich von allen bekannten dama­ligen Architekturdarstellungen und nimmt damit eine herausra­gende Stellung innerhalb der zeitgenössischen Malerei ein.
Anders als die vorhandenen Straßenbilder wie beispielsweise eines Jan van der Heyden oder Jacob van Ruysdael zeichnet die Straßenszene Vrels ein anderes Bild niederländischen Städtelebens nach. Wiedergegeben sind nicht die anmutenden architektonisch fortschrittlichen Häuser wohlhabender Kaufleute sondern einfache Ziegelbauten einer geringer verdienenden Bevölkerungsschicht. Doch gerade dies macht den besonderen Reiz der Kompositionen von Jacobus Vrel aus.
Nur wenige Figuren bevölkern die schmalen, mit Fundsteinen gepflasterten Gassen. Sind es tatsächlich existierende Orte, die Vrel wiedergibt – oder entstammen sie gänzlich der Fantasie des Malers ohne Bezug zu seiner näheren Umgebung?

Abbildung:
Jacobus Vrel (tätig 1654), Straßenszene, 1635/1655, Eichenholz, 29 x 29,3 cm
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München