Neuerwerbung für die Gothaer Sammlung: Oberhofmarschall von Studnitz kehrt im Porträt an seine ehemalige Wirkungsstätte zurück

Herzogliches Museum Gotha

Über 50 Jahre lang stand Oberhofmarschall Hans Adam von Studnitz (1711–1788) in den Diensten der Herzöge von Sachsen-Gotha-Altenburg. Seine Bedeutung für den Gothaer Hof war groß, die bildlichen Darstellungen von Studnitz‘ in den Friedensteinschen Sammlungen sind jedoch spärlich.

Dank der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung Gotha und des Freundeskreises Kunstsammlungen Schloss Friedenstein Gotha e. V. konnte die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha nun ein fast lebensgroßes Bildnis des Oberhofmarschalls im Kunsthandel erwerben, das nun die Gothaer Gemäldesammlung ergänzen wird.

Das qualitativ überzeugende, im Jahr 1761 entstandene Gemälde fertigte Johann Georg Ziesenis – Hofmaler des Kurfürsten von Hannover und Königs von England Georg III. Es zeigt Hans Adam von Studnitz auf einem gepolsterten Armlehnstuhl an einem Schreibtisch sitzend, in der rechten Hand eine Tabakdose, in der linken einige Schriftstücke haltend. Die Situation wirkt häuslich, ein scheinbar spontan eingefangener, privater Moment. Die Szene ist jedoch sorgsam arrangiert: Studnitz‘ elegante Kleidung aus pelzverbrämtem blauem Samt, sein Spitzenjabot und die Spitzenmanschetten unterstreichen den hohen Stand des Dargestellten. Subtil inszeniert wird der Rang des Hofmarschalls ebenfalls durch die Luxusgüter zu seiner Linken, eine feine Porzellantasse mit Trinkschokolade und Gebäck.

Der gebürtige Oberschlesier von Studnitz war mit seiner Ernennung zum Oberhofmarschall im Jahr 1758 einer der einflussreichsten und mächtigsten Männer bei Hofe in Gotha. Zuvor hatte er dort eine steile Karriere durchlaufen: Nach dem Studium der Rechtswissenschaften wurde von Studnitz 1734 zunächst Hofjunker, ab 1744 war er als Reisemarschall für die Organisation der fürstlichen Reisen verantwortlich. Bereits drei Jahre später nahm er als Geheimer Legationsrat Einfluss auf die Außenpolitik des Herzogtums, das er auch auf dem Reichstag zu Regensburg vertrat. 1755 wurde Studnitz zum Hofmarschall ernannt und war nun oberster Verwaltungsbeamter des Hofes. Als Oberhofmarschall hatte er unmittelbaren Einfluss auf Hofkultur, Hofkapelle und höfisches Theater. Besondere Verdienste erwarb er sich mit der Gründung des Gothaer Hoftheaters 1775 – des ersten stehenden deutschsprachigen Hoftheaters. Anteil hatte er auch an der Einführung der ersten Pensionskasse für Schauspieler 1776 – eine wegweisende Neuerung in Deutschland.

Das nun erworbene Gemälde ist auch historisch interessant: Die Forschung ging bisher davon aus, dass der Kontakt zwischen dem Gothaer Hof und Johann Georg Ziesenis erst gegen 1768 zustande kam. Erbprinz Ernst II. von Sachen-Gotha-Altenburg hatte in diesem Jahr seine Tante Augusta, die Mutter des englischen Königs, besucht und unmittelbar danach die Dienste des Hofmalers in Anspruch genommen. Das daraufhin entstandene Porträt des Erbprinzen befindet sich heute in den Staatlichen Museen zu Berlin. Das Gemälde von Studnitz‘, das bereits 1761 entstanden ist, deutet jedoch darauf hin, dass die Verbindung bereits wesentlich früher bestand.

 

Abbildung:

Johann Georg Ziesenis d.J., Der Gothaer Oberhofmarschall Hans Adam von Studnitz, 1761, Öl auf Leinwand (doubliert), 91,8 x 75,8 cm © Herzogliches Museum Gotha