Nürnberger Marienaltar mit Porträts von Kaiser Heinrich II. und Kunigunde, um 1480

Kolumba. Kunstmuseum des Erzbistum Kölns

Das aus der Sammlung des Fürsten zu Oettingen-Wallerstein stammende Triptychon gehört zu einer etwa zwischen 1445 und 1455 entstandenen Werkgruppe um das Nürnberger Wolfgang-Retabel. Die ursprüngliche Provenienz des für die Sammlung von Kolumba nun neu erworbenen Altars ist nicht überliefert, kann jedoch mit Hilfe des Bildprogramms erstaunlich konkret rekonstruiert werden. Die Haupttafel der Festtagsansicht ist der Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel gewidmet, die im Halbkreis um die Gottesmutter versammelt sind. Über das historische, in der Apostelgeschichte geschilderte Ereignis hinaus ist die Darstellung als Bild der Kirche, der Gemeinschaft im Heiligen Geist durch den Glauben, zu verstehen, die sich in den Raum der versammelten Gemeinde hinein erweitert, denn auf ihr ruht der Blick der Gottesmutter. So geläufig das Pfingstbild schon seit frühester Zeit ist, als zentrales Altarbild ist es im Mittelalter sehr außergewöhnlich. Mit großer Wahrscheinlichkeit verweist es auf das Patrozinium der Kirche, für die das Triptychon gestiftet wurde. Wegen der eher lokalen Wirksamkeit der Werkstatt und wegen der „Porträts“ von Kaiser Heinrich II. und Kunigunde, den Gründern des Bistums Bamberg, auf den Außenseiten der Flügel wird es sich dabei um die Kirche des Heilig-Geist-Spitals in Nürnberg gehandelt haben, das am südlichen Rand des Bistums liegt. Dort muss der Altar in einiger Entfernung vor der Wand plaziert gewesen sein, denn auf der Rückseite der Haupttafel findet sich eine Darstellung des Jüngsten Gerichts – ein Hinweis auf die hinter dem Retabel zu verrichtende Beichte. Dieser Umstand und die Auswahl der auf den Außenseiten der Flügel dargestellten Heiligen passt erstaunlich genau zum Zwölf-Boten-Altar in der Privatkapelle des 1423 verstorbenen Nürnberger Münzmeisters Herdegen Valzner im nördlichen Seitenschiff der Kirche. Bei der Weihe waren in dem Altarblock Reliquien beigesetzt worden, die unter anderem von allen abgebildeten Heiligen des Retabels stammen: Papst Sixtus II., Bischof Servatius von Tongeren, Antonius Eremita, Bischof Erhard von Regensburg, Nikolaus und Leonhard. Valzners kinderlose Witwe Margarethe setzte die Stiftungstätigkeit ihres Mannes fort und wird wohl kurz vor ihrem Tod im Jahre 1448/49 das Retabel in Auftrag gegeben haben. Dem entsprechend sind die Szenen auf den Innenseiten der Flügel – Verkündigung, Geburt und Auferstehung Christi sowie der Marientod – im Sinne von Epitaphien als Hoffnungsbilder für die Erlösung der Verstorbenen zu verstehen. Ulrike Surmann

 

Abbildung:

Nürnberger Marienaltar (Pfingstaltar) aus der Sammlung Oettingen-Wallerstein, um 1480, Tempera und Blattgold auf Holz, 192 cm x 133 cm © Kolumba. Kunstmuseum des Erzbistum Kölns