Ottheinrich-Bibel, um 1430
Bayerische Staatsbibliothek, München
Die großformatige Prachthandschrift des Neuen Testaments in deutscher Sprache, wurde um oder kurz nach 1430 im Auftrag Herzog Ludwigs VII. von Bayern-Ingolstadt geschaffen. Ihr Text geht auf die erstmals im Jahr 1350 in der „Augsburger Bibel“ niedergeschriebene deutsche Übersetzung zurück und vertritt einen eigenen Überlieferungszweig. Der vorgesehene Buchschmuck wurde zunächst von drei Regensburger Meistern auf den ersten 62 der insgesamt 307 Pergamentblätter vollendet. Alle weiteren 117 Miniaturen und Initialien schuf in den Jahren 1530 bis 1532 der Lauinger Künstler Mathis Gerung im Auftrag von Ottheinrich von Pfalz-Neuburg, der die Handschrift über die Landshuter Linie der Wittelsbacher geerbt hatte. Die teils seitengroßen Miniaturen, von denen nur 29 aus der ersten Ausstattungsphase stammen, bebildern vor allem Kirchenjahr gelesenen Bibelstellen. Die Verteilung wie auch die Fülle der Illuminationen ist für ein Neues Testament dieser Zeit exzeptionell. Besonders interessant sind auch die häufig noch sichtbaren und lesbaren lateinischen Maleranweisungen.
Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges wurde die Bibel zweimal als Kriegsbeute verschleppt, 1622 von Heidelberg nach München und 1632 von München nach Weimar, von wo sie bald darauf nach Gotha gelangte. Drei Bände der mittlerweile in acht Teilbände zerlegten Handschrift, die im Juli 1945 nach Coburg gebracht wurden, erwarb die Bayerische Staatsbibliothek im Jahr 1950. Die übrigen fünf Bände befanden sich von 1936 bis 2003 im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg. Nach ihrer Rückgabe und kurz vor der drohenden Versteigerung gelang es dem Freistaat Bayern, sie mit der Unterstützung einer großen Finanzierungsallianz und mit freundlicher Unterstützung des Herzoglich Sachsen-Coburg und Gotha’schen Hauses aus den Sammlungen der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft für die Bayerische Staatsbibliothek zu erwerben.
Dr. Claudia Fabian