Pablo Picasso, Der Narr (Le Fou), 1905
Neue Pinakothek, München
Pablo Picasso schuf die Bronze „Der Narr“ 1905 als einzige Skulptur innerhalb einer Gruppe von Harlekin- und Gauklerdarstellungen. Sie zeichnet sich durch eine sensible Charakterisierung des jungen Mannes aus, dessen feine Züge und melancholischer Ausdruck, vor allem der schattigen Augenhöhlen, dem Dargestellten so viel Ernst verleihen, dass die Narrenkappe unversehens zu einer Art Krone wird. Die unebene, unregelmäßig modellierte Oberfläche lässt dem wechselnden Licht einen erheblichen Anteil an der Wirkung zukommen, eine Eigentümlichkeit, die kunsthistorische Verbindungen zu Werken August Rodins aufzeigt. 1904 hatte sich Picasso endgültig in Paris niedergelassen, wo er bis 1909 blieb. Er begann sich mit Skulptur zu beschäftigen, und nach drei kleinen Plastiken von 1904 entstanden im Jahr 1905 „Der Narr“ und ein Bildnis von Alice Derain. „Der Narr“ steht in einem engen Zusammenhang mit Picassos Malerei und Graphik. 1905, als Picasso endgültig die „Blaue Periode“ hinter sich lässt, wird die bisherige empfindsame Interpretation der Verlassenheit in den neuen Zusammenhang der Welt der Schausteller übertragen. Picasso greift dabei zur Verkleidung, und der Narr ist hierfür ein bezeichnendes Beispiel. Der Bericht, den wir von der Entstehung dieser Arbeit besitzen, ist geradezu die Schilderung einer Verfremdung, bei der aus einem Porträt ein Sinnbild wird: Demnach begann Picasso mit der Skulptur nach einem Zirkusbesuch mit Max Jacob. Zuerst nahm der Ton die Gesichtszüge seines Freundes an, aber als er am nächsten Tag seine Arbeit wieder aufnahm, behielt nur die untere Gesichtspartie eine Spur der anfänglichen Ähnlichkeit. Er fügte eine Narrenkappe hinzu, woraufhin der Kopf seine Persönlichkeit veränderte. Die Figur mit Krone-Narrenkappe taucht in der „Rosa Periode“ auf, deren erstes bekanntes Beispiel die Darstellung von Guillaume Apollinaire als tafelnder König ist. Bei der Skulptur formte Picasso die Krone zur Narrenmütze um. Ambroise Vollard übernahm die Skulptur noch im Jahr ihrer Entstehung und gab eine kleine Auflage in Bronze in Auftrag.
Christian Lenz
Abbildung: