Passerotti lüftet ein Geheimnis in Würzburg

Martin von Wagner Museum, Universität Würzburg

Zu den faszinierendsten Werken des Martin von Wagner Museums gehört das Doppelporträt zweier Künstlerfreunde im Spiegel von Bernardino Licinio. Die hochreflexive Darstellung steht mit einem Gemälde des Bologneser Malers Bartolomeo Passerotti (1529 – 1592), das 2019 mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung für das Würzburger Universitätsmuseum erworben wurde, in einer ungewöhnlichen Beziehung. Letzteres zeigt laut Beschriftung den Architekten und Architekturtheoretiker Sebastiano Serlio. Im Vordergrund des Doppelporträts erscheint dieselbe Person, deren Identität dank der Neuerwerbung erstmals geklärt werden kann.

Serlio war einer der wirkungsmächtigsten Architekten aller Zeiten, was weniger an seinen Bauten als an seinem reich illustrierten Traktat zur Baukunst liegt. Gleich drei Ausgaben der »Sieben Bücher zur Architektur« befanden sich in der Bibliothek Balthasar Neumanns. Aus seinem Besitz stammt das Gemälde Licinios. Aus dieser Faktenlage ergibt sich ein reizvolles Narrativ mit Beruf und Figur des Baumeisters im Mittelpunkt. Gut möglich, dass der Schöpfer der Würzburger Residenz (die auch das Martin von Wagner-Museum beherbergt) noch wusste, welcher Architekt in dem ihm gehörenden Gemälde dargestellt ist.

Passerotti hat sein Serlio-Porträt um oder kurz nach 1570 in Bologna gemalt. Serlio war jedoch schon seit 1541 nicht mehr in Italien und 1554 verstorben, also bediente sich Passerotti des um 1530/35 entstandenen Doppelporträts von Licinio. Hatte dieser den Architekten als melancholische Persönlichkeit charakterisiert, wird er in dem postumen Bildnis zu einem den Betrachter mit einer gewissen Skepsis taxierenden, von der hohen Geltung seiner Kunst überzeugten Gegenüber. Der träumerische Ausdruck wird abgelöst durch ein sehr pointiertes Aufmerken. In Passerottis Bildnissen dieser Jahre, die als seine größte Leistung angesehen werden, ist stets etwas Aufforderndes, Hinweisendes, Vorzeigendes zugegen, etwas von der »demonstratio« akademischer Praxis – als wäre etwas vom intellektuellen Klima der Universitäts-stadt Bologna in diese Gemälde eingegangen. Die kommunikative Dynamik und die performative Spannung lassen das Serlio-Porträt wenn nicht als ein Werk, so doch als einen Vorläufer barocker Gestaltung begreifen.

Prof. Dr. Damian Dombrowski

Abbildungen:
Bartolomeo Passerotti
Porträt des Sebastiano Serlio
um 1570

Bernardino Licinio
Zwei Künstlerfreunde vor dem Spiegel
um 1530