Paul Vredemann de Vries, Palastarchitektur mit galanten Szenen und Bankett, 1607

GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig

Das Gemälde zeigt eine antik inspirierte ideale Palastarchitektur mit einer Gruppe elegant gekleideter Personen im Vordergrund eines großzügigen Innenhofs. Links ist eine sehr differenziert dargestellte offene Halle zu sehen, in der ein Bankett vorbereitet wird. Rechts im Vordergrund steht ein figurengeschmückter Brunnen. Über die Mittelachse wird der Blick in die Tiefe einer Gartenlandschaft geleitet, während im Mittelgrund der rechten Bildhälfte eine üppig dekorierte Palastfassade den Bildraum zentralperspektivisch weitet und eine raffinierte Raumillusion erzeugt.

Das Gemälde ist charakteristisch für die von dem Flamen Hans Vredeman de Vries um 1560 begonnenen Architekturdarstellungen mit Palästen, Höfen und Gärten. Sein Sohn, Paul Vredeman de Vries, entwickelte die vom Vater begründete Bildtradition weiter. Direkte Vergleiche ergeben sich zu Gemälden von Paul Vredeman de Vries im Hessischen Landesmuseum Darmstadt und im Museé des Arts Décoratifs Paris, wobei sich die beiden Pariser Gemälde wie das Leipziger durch ihr außergewöhnlich großes Format auszeichnen. In zwei Fachgutachten (Thomas Fusenig und Peter van den Brink, 2012) wurde die Autorenschaft von Paul Vredeman de Vries unter anderem angesichts der plastischen Durchbildung der Ornamente sowie der reichhaltigen Bauplastik untermauert. Gestützt wird die Zuschreibung des unsignierten, in das Jahr 1607 datierten Gemäldes als charakteristisches, reifes Werk von Paul Vredeman de Vries durch weitere stilkritische Argumente und durch den unübersehbaren Bezug auf die von Paul 1604 entworfene Serie von Kompositionen, die mit der ausdrücklichen Bezeichnung „P.V. vriese inventor“ in die 1606 in Den Haag herausgegebene „Architectura“ aufgenommen wurde. Auf dem Titelblatt werden Paul und sein Vater als Autoren genannt.

Das Gemälde bildet seit 2007 in der neuen Ständigen Ausstellung des GRASSI Museums für Angewandte Kunst das Herzstück einer künstlerisch intendierten Inszenierung zum Thema „Renaissance nördlich der Alpen“. Es fasziniert durch die Zentralperspektive, die hier als Errungenschaft der Renaissance erlebbar wird. Mit dem Auge begibt sich der Betrachter auf eine detailreiche Entdeckungsreise in Raum und Zeit. Die enge Verknüpfung von bildender Kunst, Kunsthandwerk und Architektur wird sinnlich erfahrbar. Die Wirkung der Musterbücher der de Vries hat in all diesen Bereichen bis hin zur Gartenarchitektur ihren unmittelbaren Niederschlag gefunden.

Dr. Eva Maria Hoyer

Abbildung:

Paul Vredemann de Vries (1567-nach 1630), Palastarchitektur mit galanten Szenen und Bankett, 1607. Öl auf Leinwand, 147,5 cm x 189,5 cm

© GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig