Restaurierung eines Altarretabels und eines Kruzifixes
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Der prächtige, mit Rankenwerk und Fruchtbündeln verzierte Altaraufsatz aus Predella, Mittelstück und Giebel, der in feiner Reliefschnitzerei 15 Darstellungen aus dem Leben Christi und Mariens zeigt, repräsentiert den bedeutendsten Retabeltypus der Spätrenaissance im Trentino (Welschtirol). Das Objekt ist das einzige entsprechende Exemplar, das sich heute in deutschem Museumsbesitz befindet. Obwohl es aufgrund von Typus und Stilidiom ein außerordentlich aussagekräftiges Beispiel für die Verschränkung zweier Kulturkreise, des nördlichen germanischen und des südlichen romanischen, an deren geographischer Nahtstelle ist, wurde das Stück nach seiner Demontage in den Kriegsjahren nicht mehr gezeigt. Grund dafür waren die immensen, aus Demontage und Einlagerung resultierenden Beschädigungen.– Die grundlegende Aufmessung aller erhaltenen Teile ließ auch unter heutigen kunsthistorischen Beurteilungsmaßstäben die Bestätigung zu, dass es sich um eine der hochrangigsten Ausprägungen jenes Welschtiroler Altartyps handelt. Die Basis für das Konzept der vorzunehmenden Restaurierung wurde zudem durch die Konservierung sämtlicher Teile hinsichtlich Substanz wie Farbfassung, die Eruierung älterer Ergänzungen sowie die Untersuchung der außerordentlich kompliziert aufgebauten Polychromie geschaffen.
Der Kruzifixus, der Christus in Form des Dreinageltyps zeigt, gehört zu den wenigen monumentalen Arbeiten in Solnhofener Stein, die sich in Museumsbesitz befinden. Die restauratorische Bearbeitung des bislang in Einzelteile zerlegten Werkes betraf Substanzfestigung und Untersuchung der ursprünglichen Oberflächengestaltung. Dabei konnten mehrere Fassungen nachgewiesen und eine ursprüngliche Teilfassung wahrscheinlich gemacht werden. Hinsichtlich der Oberflächenerscheinung wird auf den Eindruck der barocken Zweitfassung hingearbeitet, da sich die ursprüngliche Qualität der Steinepidermis aufgrund der späteren Bewitterung nicht rekonstruieren lässt. Aus flankierenden kunsthistorischen Forschungen resultierte die Neuverortung des bisher nach Augsburg lokalisierten Bildwerks in den Eichstätter Kunstkreis. Weitere wichtige, die Einordnung und Bedeutung der Skulptur präzisierende Resultate sind mit Abschluss der Restaurierung zu erwarten.
Dr. Frank Matthias Kammel
Abbildung: