Restaurierung eines mittelalterliches Kruzifixes um 1150
Stadtmuseum Kaufbeuren
Zum wiederholten Mal darf der mittelalterliche Kruzifixus aus dem Stadtmuseum Kaufbeuren vorgestellt werden – diesmal mit vier Ansichten des Hauptes nach Abnahme der späteren Überfassungen. Die Arbeiten an diesem für die Sammlungen des Stadtmuseums so bedeutenden Stücke werden im Jahr 2012 zum Abschluss kommen. Derzeit (Oktober 2012) werden die in der Barockzeit veränderten Arme neu montiert und der Korpus für die Neuaufstellung in Kaufbeuren vorbereitet.
Die Abbildungen zeigen das Haupt des Gekreuzigten in verschiedenen Ansichten. Die Aufnahmen lassen besonders gut die qualitätvolle Gestaltung der Locken am Bart erkennen, die in dieser Form für die Jahrzehnte des ausgehenden 12. Jahrhunderts charakteristisch sind. Bemerkenswert ist ferner der präzise Begrenzung der Barthaare zu den Wangen bzw. die Ausbildung des Oberlippenbartes. Ähnlich abgesetzt ist auch der Übergang Stirn – Haupthaar. Auch das Haupthaar im Nacken ist mit einer solchen präzisen, stegartigen Ausbildung angedeutet, Locken sind nicht vorhanden. Aufwendig und detailliert sind die Ohren ausgebildet. Ob der Christus die Augen ursprünglich geöffnet oder geschlossen hatte, ist wegen der Verluste der Binnenzeichnung an diesen Partien nicht eindeutig zu belegen, die geschnitzte Form lässt beide Interpretationen zu.
Die Schädelkalotte hat zahlreiche Holzausbrüche und diese Schädigungen von Holz und Farbfassung lassen vermuten, dass zu späteren Zeiten mehrmals Echthaarperücken dem Gekreuzigten aufgesetzt gewesen waren. Reste von Holzdübeln an linker und rechter Schädelseite sowie in der Mitte des Schädels resultieren von zwischenzeitlich verlorenen, nicht ursprünglichen, eingesteckten Strahlen her – dem Haupt wurde also später ein Kreuznimbus angesetzt.
Trotz der schadhaften Inkarnatfassung und der Schädigungen auch an der Holzsubstanz vermittelt das Bildwerk nach der Abnahme der zahlreichen Überfassungen eine beeindruckende Ausstrahlung und Faszination und repräsentiert in vorzüglicher Weise die Darstellung des Gekreuzigten im 12. Jahrhundert.
Es ist bislang nicht gelungen, die mit dem Kruzifixus verwahrte Krone aus Eisenblech mit den vergoldeten Lilien zu datieren – Datierungsverfahren für (mittelalterliche) Eisenbleche sind bislang nicht bekannt. A aus stilistischen und materialtechnischen Überlegungen könnte die Krone schon ursprünglich zugehörig sein und wird dem Haupt in der zukünftigen Ausstellung in Kaufbeuren auch aufgesetzt.
Dr. Erwin Emmerling
Abbildung:
Kruzifixus, um 1150. Pappelholz; mittelalterliche Farbfassung. H. 91 cm; B. 89,5 cm.
© Stadtmuseum Kaufbeuren