Restaurierung eines "Sueben-Kessels" aus Kariv
Kunstgebäude Stuttgart
Im Zuge der Großen Landesausstellung „THE hidden LÄND – Wir im ersten Jahrtausend“ im Kunstgebäude Stuttgart werden archäologische Funde aus Kariv (Gebiet Lviv/Lemberg, Ukraine) gezeigt, die sonst im Regional-Historischen Museum Vynnyky (Istoryko-Krayeznavchyy Muzey Vynnyky) ausgestellt sind. Die Objekte stammen aus germanischen Gräbern des ersten und zweiten nachchristlichen Jahrhunderts.
Als Leitobjekt befindet sich darunter der sogenannte „Sueben-Kessel“ aus Buntmetall, der büstenförmige Attaschen mit bärtigen Männerköpfen besitzt. Die Köpfe besitzen je einen seitlichen Haarknoten: Der Suebenknoten ist eine dem Stamm der Sueben zugeschriebene, typisch germanische Männerfrisur, die durch Abbildungen, archäologische Funde und schriftliche Überlieferungen nachgewiesen ist. Laut dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus kämmten sich die Krieger des germanischen Stammes der Sueben die Haare seitwärts und banden sie auf dem Scheitel zu einem Knoten hoch. Der Sinn des Knotens soll darin bestanden haben, in der Schlacht größer und furchteinflößender zu erscheinen. Bei den Sueben wurde der Knoten bis ins hohe Alter getragen und galt demnach auch als Statussymbol (vgl. Tacitus, Germania 38).
Die Exponate sind Prestigeobjekte ihrer Zeit, die eine europaweit vernetzte und auch überregional agierende Elite zur Darstellung von Status und gehobener Lebensführung nutzte. Dabei orientierte man sich auch am Lebensstil im Römischen Reich, das zusammen mit den außerrömischen Gesellschaften die kulturellen und politischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Ausprägungen Europas in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts formte. Als Symbol für die Beziehungen europäischer Bevölkerungen über Zeiten und Räume hinweg sind die Exponate aus Kariv ein Anknüpfungspunkt für aktuelle gesellschaftliche Fragen. Sie setzen während des russischen Angriffskrieges ein Zeichen für die bestehende Zusammenarbeit mit Kulturinstitutionen aus der Ukraine und sind Ausdruck unserer Wertschätzung ihres besonderen kulturellen Erbes.
Die Große Landesausstellung ist eine gemeinsame Ausstellung des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg (ALM) und dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD). Die Restaurierung des „Sueben-Kessels“ wurde im Rahmen der Ukraine-Förderlinie unterstützt.
Abbildungen: Kessel aus Buntmetall, oben Detailansicht einer büstenförmigen Attasche mit seitlichem Haarknoten (sog. Suebenknoten), Plakat zur Ausstellung